Update EU-Haushalt und Strukturfonds

Martina Michels, Nora Schüttpelz

Verhandlungen gehen auch mit Lockdown weiter

Auch in dieser Woche gibt es kaum sichtbare Fortschritte hin zu einer Einigung zwischen Europaparlament und Rat über den nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen. Der Siebenjahreshaushalt 2021-2027 muss, soll am 1. Januar 2021 in Kraft treten können, sonst hangelt sich sich EU von einem Monatsbudget zum nächsten. Neue Vorhaben und längerfristige Investitionen gingen damit natürlich nicht. Inzwischen geht es kaum noch um die Rücknahme der massiven Haushaltskürzungen, die die Staats- und Regierungschefs im Juli 2020 unter sich ausgemacht hatten. Das Verhandlungsteam des Europaparlaments hatte zuletzt lediglich vorgeschlagen, die Rückzahlungen der Kredite, die für den Coronakrisen-Wiederaufbauplan aufgenommen werden, nicht in die Berechnung der normalen Haushaltsgrenzen einfließen zu lassen. Damit wäre Spielraum für unvorhergesehene Ausgaben entstanden, die ja angesichts des anhaltenden Gesundheitssituation gar nicht so unvorhersehbar sind. Doch erneut läßt der Rat das Europaparlament ziemlich plump abblitzen, wie man in dessen Pressemeldung nachlesen kann (leider nur in EN verfügbar).

So konnten EP und Rat trotz erheblicher Fortschritte die interinstitutionellen Verhandlungen über REACT-EU noch immer nicht abschließen, obgleich die Gesetzgeber bereits vor zwei Wochen im Prinzip in fast allen Punkten Einigung erzielen konnten. Doch bevor die Verhandlungen über den mehrjährigen Finanzrahmen und den Wiederaufbauplan nicht abgeschlossen sind, fehlen die letzten wichtigen Striche. REACT-EU ist die Initiative, die die im Rahmen der Coronavirus Response Investment Initiatives (CRII und CRII +) vorgesehenen Maßnahmen erweitert und voraussichtlich mit 47,5 Mrd. EUR ausgestattet sein wird. Die Aufteilung der Mittel auf die Mitgliedstaaten, wenn es zu dieser Einigung im Haushalt kommt, ist inzwischen bekannt. Der Verteilungsschlüssel wird anhand von drei Hauptkriterien berechnet: der Veränderung des Wirtschaftskraft eines Landes, gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Jahresverlauf (jährliches BIP), der Veränderung des BIP im Laufe des Quartals (vierteljährliches BIP) und der monatlichen Veränderung der Arbeitslosigkeit (monatliche Arbeitslosigkeit). 10,2 Mrd. EUR sind für Spanien, 10,6 Mrd. EUR für Italien bestimmt. Frankreich ist mit 2,9 Mrd. EUR der drittgrößte Begünstigte, gefolgt von Deutschland (1,7), Polen (1,55), Portugal (1,5) und Rumänien (1,2). Der Rest, weniger als 10 Milliarden, wird auf die verbleibenden 20 Mitgliedstaaten aufgeteilt.

Auch über andere Strukturfonds wird noch intensiv verhandelt, sind die Verhandlungen noch immer darunter den Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) und den Just Transition Fonds (JTF). Über ersteren, den größten und wichtigsten EU-Fördertopf für Regionen, Kommunen und KMU, erfolgte in dieser Woche ein mehr als vierstündiger Trilog, so heißen die Verhandlungen zwischen Parlament, Rat und Kommission auf hoher politischer Ebene. Es geht um eine Menge Geld, aber vor allem, welche Zielstellungen mit welchen Investitionen erreicht werden sollen und wie sich das verständlich und machbar in ein Gesetz schreiben läßt. Innovativer, grüner, besser vernetzt, sozialer und bürgernäher sollen die Regionen werden und die EU sie dabei unterstützen. Doch wie grün ist Erdgas? Wie sozial und inklusiv sollen geförderte Projekte sein? Sollen die kleinen und mittelständischen Unternehmen besonders bei den digitalen und Klimaschutz-Herausforderungen unterstützt werden oder auch die Großunternehmen? Darf man Fahrradwege und Grünanlagen gegen U-Bahnlinien aufrechnen oder andersherum? Wo und von wem soll entschieden werden, welche Projekte zum Zuge kommen? Nichts und vereinbart, solange nicht alles vereinbart ist. Daher lassen sich noch keine Erfolge (oder gar Niederlagen) vermelden, es behauptet auch jede Seite, das Beste für die Regionen herausholen zu wollen. Doch ein leichter Verhandlungspartner, das darf man vielleicht sagen, ist die deutsche Ratspräsidentschaft auch bei der Regionalpolitik nicht. Der erneut notwendig gewordene, fast vollständige Lockdown in Brüssel macht es nicht eben einfacher.

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Dieser Artikel ist zuerst auf DIE LINKE. im Europaparlament erschienen.