REGI NEWS – Mai 2021

Martina Michels, Nora Schüttpelz

Aussprache mit Kommissarin Elisa Ferreira zum Stand der Kohäsionspolitik

Die für Kohäsion und Reformen zuständige EU-Kommissarin Elisa Ferreira und die Europaabgeordneten im Ausschuss für regionale Entwicklung (REGI) kamen am Dienstag, 25. Mai zu einer Aussprache über den Stand und Perspektiven der Kohäsionspolitik zusammen. Sie teilen die Besorgnis über die Verzögerung bei der Programmplanung der Kohäsionsfonds.

„Leider gibt es Verzögerungen bei den Programmen für den Zeitraum 2021-2027, da sich die Mitgliedstaaten bislang auf ihre Aufbau- und Resilienzpläne konzentriert haben“, sagte die Kommissarin den MdEP. Sie betonte außerdem, wie wichtig es sei, regionale Akteure in die Plaung und Umsetzung der Aufbau- und Resilienzfazilität einzubeziehen. Auch lege sie Wert darauf, dass Investitionen im Rahmen des Konjunkturprogramms nicht als „Nebenwirkung“ regionale Unterschiede verstärken dürften. Die Kommissarin räumte ein, dass die Mittelausschöpfungsquote für den Haushaltszyklus 2014-2020 immer noch niedrig sei, gemäß der N + 3-Regel jedoch Mittelauszahlungen aus den alten Programmen noch bis 2023 erfolgen können. Eine Finanzierungslücke sehe sie nicht, viele Mitgliedstaaten – wie auch Deutschland – hätten bereits Umprogrammierungen und Mittel aus REACT-EU und die Investitionsinitiativen CRII und CRII + als Reaktion auf die Corona-Krise beantragt. Im Übrigen seien die Texte der neuen Strukturfondsverordnungen bekannt, sodass die Mitgliedstaaten durchaus längst mit den Planungen voranschreiten können.

Just Transition Fonds

Konkret haben Martina Michels und auch der grüne MdEP Niklas Nieneß die Kommissarin auf die in Deutschland noch mangelhafte Beteiligung der Regionen und Kommunen bei den Planungen zum Just Transition Fonds und die geplante Verrechnung der EU-Mittel mit den im Strukturföderungsgesetz versprochenen nationalen Mitteln. Diese wiederholte, dass die EU-Kommission das Partnerschaftsprinzips als wichtige Voraussetzung für den Erfolg der EU-Regionalpolitik betrachte und dessen Einhaltung von den Mitgliedstaaten regelmäßig einfordere. Am Ende der Woche ging dann auch die Antwort der Kommission auf Martina Michels‘ und Conny Ernsts schriftliche Anfrage zur Mittelverrechnung mit dem Strukturföderungsgesetz ein.

Die Verordnung über den Just Transition Fonds wurde bereits in der vergangenen Tagung des Europaparlaments vom Plenum angenommen (wir berichteten.)

Bauhaus

Ein weiteres Thema, das von mehreren MdEP, auch von Martina Michels, angesprochen wurde, war die Finanzierung der Bauhaus-Initiative, denn die ambitionierten Ideen sind nicht mit neuen finanziellen Mitteln untersetzt. Es ist also absehbar, dass Mittel aus Strukturfonds und anderen EU-Fördertöpfen Bauhaus-Vorhaben unterstützen werden müssen.  Und so betonte die Kommissarin auch, dass die Initiative in erster Linie eine „Bewegung“ und eine „symbolische“ Kommunikationsmaßnahme sei, die sich allerdings durch die verschiedenen Programme hindurchziehen sollte.

Brexit Reserve

Der Brexit macht einer Reihe von Mitgliedstaaten, Regionen und Wirtschaftssektoren, die bisher starke Beziehungen mit dem Vereinigten Königreicht hatten das Leben nicht unbedingt leichter. „Es gibt keine Gewinner des Brexit.“ hatte der Berichterstatter über die Verordnung für eine Brexit-Reserve mehrfach betont. Der kleine neue Fonds (5 Milliarden Euro) „Anpassungsreserve an den Brexit“ (BAR) soll den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt zu stärken und konkrete Solidarität mit den Mitgliedstaaten, Regionen und Sektoren leisten, die am stärksten vom Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU betroffen sind.

Denn selbst mit dem Inkrafttreten des neuen Handels- und Kooperationsabkommens zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich gibt es große Veränderungen dadurch, dass am 1. Januar 2021 das Vereinigte Königreich aus dem EU-Binnenmarkt und der Zollunion sowie aus allen Politikbereichen der EU und ihren internationalen Abkommen ausgeschieden ist. Die EU und das Vereinigte Königreich bilden nun zwei getrennte Märkte, zwei getrennte Regulierungs- und Rechtsräume. Dadurch entstehen Hindernisse für den Handel mit Waren und Dienstleistungen sowie für die grenzüberschreitende Mobilität und den grenzüberschreitenden Austausch – in beide Richtungen.

Am Dienstag, 25. Mai, hat der REGI mit großer Mehrheit sein Verhandlungsmandat gegenüber dem Rat angenommen. Die Verordnung soll möglichst noch im Sommer in Kraft treten. Hinsichtlich der Aufteilung der Mittel scheint es weitgehend Kompromissbereitschaft zwischen den Institutionen zu geben. Das Europaparlament betont aber auch bei diesem Dossier einmal mehr, wie wichtig es ist, das Partnerschaftsprinzip zu achten. Diese Multi-Governance fehlte in dem ursprünglichen Vorschlag der Europäischen Kommission sowie im Standpunkt des Rates der EU. Das Europäische Parlament besteht daher darauf, dass die Mitgliedstaaten einen Dialog auf mehreren Ebenen mit den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften aufnehmen.

Darüber hinaus haben Parlamentarier definiert, wie Meeresregionen in die Berechnung der Zuweisungsmethode einbezogen werden sollen. Sie fordern auch eine regionale Verteilung der Ausgaben (auf NUTS-2-Ebene). Sie haben außerdem festgelegt, dass die Mitgliedstaaten die Verwaltung der Mittel an die geeigneten Gebietsebene delegieren sollen, zumal wo Verwaltungsstrukturen für die EU-Strukturfonds vorhangen und nutzbar sind. Die MdEP wollen außerdem, dass 7 % der im Rahmen der Fischerei zugewiesenen Mittel auch wirklich für den Fischereisektor zweckgebunden werden sollen.

Strukturfonds im können im Juni in Kraft treten

Der Rat der EU hat am 27.Mai endlich eine Reihe regionalpolitische Verordnungen angenommen: die Verordnung mit gemeinsamen Bestimmungen über die Strukturfonds, die Verordnung über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und den Kohäsionsfonds die Verordnung über den Europäischen Sozialfonds Plus und schließlich die Verordnung über die Europäische territoriale Zusammenarbeit (Interreg). Nun kann auch das EP seine Zustimmung erteilen und die verschiedenen Verordnungen werden voraussichtlich Ende Juni im Amtsblatt der EU veröffentlicht, sobald die rechtliche und sprachliche Bereinigung abgeschlossen ist.

Dieser Artikel ist zuerst auf DIE LINKE. im Europaparlament erschienen.