REGI NEWS – Januar 2023

Prioritäten Schwedische Ratspräsidentschaft – Talentfördermechanismus und demographischer Wandel – Beihilferecht – Bauhaus – Fördermittel

Martina Michels, Nora Schüttpelz

Prioritäten der Schwedischen Ratspräsidentschaft

Schweden stellt in diesem 1. Halbjahr 2023 die EU-Ratspräsidentschaft. Im REGI -Ausschuss stellte der Minister für ländliche Angelegenheiten, Peter Kullgren, die Prioritäten dafür vor: den Krieg in der Ukraine und damit verbundene Sicherheits- und Energiefragen, die Notwendigkeit für mehr Wettbewerbsfähigkeit und die Beschleunigung des grünen und digitalen Wandels der EU sowie die Rolle der Kohäsionspolitik bei der Unterstützung um diese Prioritäten zu erreichen. Der Ratsvorsitz versprach auf Nachfragen der MdEP Verzögerungen bei der Umsetzung der Mittel für den Zeitraum 2021-2027.  Auch folgten einige vage Versprechungen zur Weiterverfolgung der Mitteilung der Europäischen Kommission zur Talententwicklung in den EU-Regionen (siehe unten) und die Investitionen in Menschen im Einklang mit der EU-Initiative zum Jahr der Qualifikation prüfen.

Viele Abgeordnete brachten ihre Enttäuschung darüber zum Ausdruck, dass die Kohäsionspolitik selbst nicht unter den Prioritäten erwähnt wurde, und befragten den Minister zu seinen Plänen, die Herausforderungen anzugehen, mit denen die Kohäsionspolitik, die ländlichen Gebiete und die lokale Verwaltung konfrontiert sind. Martina, ebenso wie die Vertrter*innen der meisten anderen Fraktionen betonten einmal mehr, dass die im EU-Haushalt vorhandenen finanziellen Mittel kaum ausreichen würden, um die zahlreichen großen Herausforderrungen, darunter die Energiewende, zu bewältigen bzw. zu beschleunigen. Auf ihre Frage zur längerfristigen Aussetzung oder Reform von Schuldenbremsen gab es leider keie Antwort. Bezüglich der Blockade der Verordnung über den Europäischen grenzüberschreitenden Mechanismus (ECBM) im EU-Rat räumte der Minister ein, es gebe keinen großen Appetit Rat, um an dieser Front voranzukommen.

Programm der Schwedischen Ratspräsidentschaft hier:  https://swedish-presidency.consilium.europa.eu/en/programme/programme-of-the-presidency/

Kommissarin Ferreira erläutert neuen Talentförderungsmechanismus

Die EU-Kommissarin für Kohäsionspolitik, Elisa Ferreira, stellte am Mittwoch, den neuen „Mechanismus zur Förderung von Talenten“ vor. Es richtet sich an EU-Regionen, die unter einem beschleunigten Rückgang ihrer Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter leiden.

Laut der Initiative „Harnessing Talent in Europe´s regions“ sind bereits 82 Regionen in 16 Mitgliedstaaten von einem starken Rückgang der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter, einem geringen Anteil von Menschen mit tertiärer Bildung und dem sogenannten „Brain Drain“ oder dem Verlust junger qualifizierter Bevölkerung betroffen. Infolgedessen können diese Regionen  in eine „Talententwicklungsfalle“ tappen, was sich negativ auf ihre sozioökonomische Entwicklung auswirkt und die territorialen Unterschiede verstärkt. Der Zusammenhalt in der EU wird dadurch geschwächt.

Die Kommissarin räumte ein, dass es keine einheitliche Lösung für alle Regionen gibt, und sie merkte auch an, dass finanzielle Unterstützung für die Initiative nur im Rahmen bestehender Instrumente gewährt werde.

In acht Bereichen will die Kommission aktiv werden:

  1. Die Kommission wird 2023 ein neues Pilotprojekt einleiten, um Regionen, die mit einer Blockade bei der Talententwicklung konfrontiert sind, dabei zu helfen, maßgeschneiderte und umfassende Strategien auszuarbeiten, zu konsolidieren, weiterzuentwickeln und umzusetzen. Außerdem sollen geeignete Projekte ermittelt werden, mit denen Fachkräfte ausgebildet, angeworben und gebunden werden können. Pilotregionen erhalten Unterstützung im Rahmen einer offenen Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen.
  2. Die neue Initiative „Intelligente Anpassung der Regionen an den demografischen Übergang“ wird 2023 eingeleitet, um Regionen mit höheren Abwanderungsraten bei ihrer jungen Bevölkerung zu helfen, sich an den demografischen Übergang anzupassen und mithilfe maßgeschneiderter ortsbezogener Maßnahmen in die Talententwicklung zu investieren. Die zu fördernden Regionen werden im Zuge einer offenen Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen ausgewählt.
  3. Aus dem Instrument für technische Unterstützung können die Mitgliedstaaten im Zuge der Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen 2023 Unterstützung für Reformen auf nationaler und regionaler Ebene erhalten, um mit dem Rückgang der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter und dem Fachkräftemangel umzugehen und auf lokale Markterfordernisse zu reagieren.
  4. Durch die kohäsionspolitischen Programme und interregionale Innovationsinvestitionen werden Innovationen und die Schaffung hoch qualifizierter Arbeitsplätze gefördert und damit die Chancen verbessert, Talente in den entsprechenden Regionen zu binden und zu gewinnen.
  5. Im Rahmen der Europäischen Stadtinitiative wird eine neue Aufforderung zur Einreichung innovativer Aktionen veröffentlicht, um unter Federführung von Städten mit abnehmender Bevölkerung ortsbezogene Lösungen zur Entwicklung, Bindung und Gewinnung von Fachkräften zu erproben.
  6. EU-Initiativen zur Unterstützung der Talententwicklung werden auf einer speziellen Website aufgezeigt. Interessierte Regionen erhalten so leichter Zugang zu Informationen über EU-Maßnahmen in den Bereichen Forschung und Innovation, allgemeine und berufliche Bildung sowie Jugendmobilität.
  7. Austausch von Erfahrungen und Verbreitung bewährter Verfahren: Die Regionen können thematische und regionale Arbeitsgruppen zu spezifischen beruflichen oder territorialen Herausforderungen einrichten.
  8. Die analytischen Kenntnisse zur Unterstützung und Umsetzung evidenzbasierter Maßnahmen in den Bereichen Regionalentwicklung und Migration werden weiterentwickelt. Mehr Informationen auf den Seiten Der EU-Kommission: https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_23_145

Die Europaabgeordneten  begrüßten das Paket als wichtigen Ausgangspunkt für weitere Diskussionen und als erstes Ergebnis des EU-Jahres der Kompetenzen wenn auch mit einigen Einschränkungen: Vor allem wurde kritisiert, dass dafür wieder keine neuen Finanzierungsmittel gebe. Die Abgeordneten forderten auch eine Klärung der konkreten Maßnahmen und Bewertungskriterien des Mechanismus. Betonnt wurde auch, wie wichtig es sei, die Lebensqualität in den Mittelpunkt der Strategie zu stellen, um einen Mechanismus zu erhalten, der nicht nur die Ineffizienz des Arbeitsmarktes, sondern auch den Mangel an Dienstleistungen bekämpft beispielsweise in den Bereichen Bildung, Kultur, barrierefreiem Wohnraum oder Gesundheitsversorgung. Martina hob ergänzend dazu auch die Bedeutung von Migration und praktischer Integration hervor.  

Beihilfevorschriften müssen dem Zusammenhalt der EU dienen   

Die Regeln für staatliche Beihilfen sollten flexibler gestaltet werden und die Kohäsionsziele besser unterstützen. Das gaben die REGI-Abgeordneten der der für Wettbewerb zuständigen Exekutiv-Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, Margrethe Vestager, mit auf den Weg für die geplanten Änderungen an den EU-Beihilfevorschriften.

Während die Vorschriften für staatliche Beihilfen bereits als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie und den Krieg in der Ukraine aktualisiert wurden, werden weitere Änderungen als Reaktion auf das Inflationsbekämpfungsgesetz der USA erwartet, das Subventionen für Programme zur Energiesicherheit und zum Klimawandel vorsieht.

Kommissarin Vestager schlug Änderungen vor, die als vorübergehender Krisen- und Übergangsrahmen bekannt sind und die Vorschriften für staatliche Beihilfen für grüne Projekte in der EU und insbesondere für alle erneuerbaren Energietechnologien vereinfachen sollen, um zu verhindern, dass EU-Unternehmen in bestimmten Sektoren in die USA abwandern. Ziel der Überarbeitung der Allgemeinen Gruppenfreistellungs-Verordnung (AGVO) ist es, Investitionen in grüne und digitale Lösungen zu beschleunigen. Die Vorschriften könnten insofern gelockert werden, als dass 90 % der Schritte auf nationaler Ebene erfolgen könnten, ohne dass dies bei der EU-Kommission angezeigt werden müßte. Die Überarbeitung der De-minimis-Verordnung zielt darauf ab, den Schwellenwert für staatliche Beihilfen, die einem Unternehmen ohne Anmeldung bei der Kommission gewährt werden, über einen Zeitraum von drei Jahren von 200 000 Euro auf 275 000 Euro zu erhöhen, um der aktuellen Wirtschafts- und Inflationslage Rechnung zu tragen.

Im Januar bereits hatte im EP eine Plenardebatte zur Wettbewerbsfähigkeit stattgefunden. Dort hatten einige MdEP davor gewarnt, eine Lockerung der EU-Regeln für staatliche Beihilfen würde vor allem den Ländern zugute kommen könnte, die es sich leisten können, mehr finanzielle Hilfe bereitzustellen. Dies wiederum könne auch den Zusammenhalt innerhalb der EU gefährden. Daher ist es sicher angezeigt, bei einer Umgestaltung der Regeln sorgfältig vorzugehen und die langfristigen Auswirkungen auf den Zusammenhalt im Blick zu behalten. Besondere Bedingungen für staatliche Beihilfen könnten sie sich vor allem für bestimmte Regionen wie Inseln und Randgebiete sowie für Unternehmen in der Sozialwirtschaft vorstellen.

Kommissarin Vestager gab die Schwierigkeiten zu, ein Gleichgewicht zwischen flexibleren Regeln für staatliche Beihilfen zu erreichen und gleichzeitig den Binnenmarkt und den Zusammenhalt der EU vor Ungleichheiten zu schützen, die zusätzlich durch verschiedene steuerliche Möglichkeiten der Mitgliedstaaten zur Bereitstellung von Subventionen für grüne und digitale Programme verursacht werden. Auch könne eine Überarbeitung der Beihilfevorschriften nicht der einzige EU-Schritt sein könne, um Herausforderungen wie dem Inflationsbekämpfungsgesetz der USA zu begegnen. Den Mitgliedstaaten stünden zudem die die Aufbau- und Resilienzfazilität, das REPowerEU-Programm und Kohäsionsfonds zur Verfügung, um ihre Wirtschaft in der Krise zu unterstützen. Zudem sollten Lösungen europäische gefunden werden.

Das Video der REGI-Ausschusssitzung kann hier angesehen werden: https://www.europarl.europa.eu/committees/de/regi/meetings/webstreaming

https://multimedia.europarl.europa.eu/de/webstreaming/committee-on-regional-development_20230125-0900-COMMITTEE-REGI

Aktualisierter Zeitplan für die Umsetzung der Kohäsionspolitik:  Der Umsetzungszeitplan für die Kohäsionspolitik wird weitgehend durch ihren Rechtsrahmen bestimmt. Um die parlamentarische Arbeit planen und die Politikumsetzung und die Arbeit der Kommission systematisch überprüfen zu können, erstellt der wissenschftliche Dienst des Europaparlaments in regelmäßigen Abständen einen Überblick über den zeitlichen Ablauf der verschiedenen Schritte der Politikumsetzung. Diese aktuelle Version enthält die politischen Maßnahmen des Zeitraums 2021-27, weist aber weiterhin auf die letzten Schritte des Zeitraums 2014-20 hin. Es enthält einen detaillierten (aber nicht erschöpfenden) Zeitplan der politischen Maßnahmen im Jahr 2023 sowie einen Überblick über die wichtigsten Maßnahmen für den Rest des Programmplanungszeitraums ab 2023. Angesichts ihres Beitrags zum Zusammenhalt in der Europäischen Union politische Maßnahmen im Rahmen des Wiederaufbaus und Resilience Facility sind jetzt im Kalender enthalten. Politische Maßnahmen im Zusammenhang mit Haushalts- und Haushaltskontrollaspekten sind grün gefärbt (für das Jahr 2023). Die Übersicht ist hier abrufbar: https://www.europarl.europa.eu/RegData/etudes/BRIE/2016/563425/IPOL_BRI(2016)563425_EN.pdf

Zum aktuellen Newsletter des Neuen Europäischen Bauhaus geht es hier: https://ec.europa.eu/newsroom/neb/newsletter-archives/43327

Es lohnt sich außerdem, den Newsletter unserer Fördermittel-Plattform zu abonnieren oder regelmäßig auf der Seite www.eu-foerdermittel.eu  vorbeizuschauen.  Aktuell sind dort einige interessante Fördermöglichkeiten im Bereich europäischer Erinnerungskultur, Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt oder Stärkung von europäischen Grundrechten und Werten zu finden. Mehr dazu: https://www.eu-foerdermittel.eu/beitraege/

Dieser Artikel ist zuerst auf DIE LINKE. im Europaparlament erschienen.