REGI NEWS – Februar 2023

Interreg – Kohleregionen – Zukunft der Kohäsionspolitik – Metropolregionen

Die EU und der Norden in neuer geopolitischer Situation: 

Regionalausschuß des Europaparlaments besucht Finnland 

Martinas spannender Reisebericht erschien bereits in der vergangenen Woche, soll aber auch hier noch einmal verlinkt werden: https://www.dielinke-europa.eu/de/article/13474.die-eu-und-der-norden-in-neuer-geopolitischer-situation.html. Wer sich einen Überblick über Kohäsionspolitik im hohen Norden verschaffen will, findet weitere Informationen in diesem Kurzbriefing.

Interreg – grenzüberschreitende Zusammenarbeitsprojekte in Europa

Im Ausschuss für regionale Entwicklung (REGI) erstatte die EU-Kommission 28. Februar, Bericht über Herausforderungen und Erfolge bei der Umsetzung des Interreg-Programms.

Foto: Europäisches Parlament

84 der 86 der für den Zeitraum 2021–2027 geplanten Interreg-Programme würden inzwischen laufen. Die eingeführten Vereinfachungen würden helfen, die Verzögerungen am Start der Förderperiode einzudämmen. Die Kommission wies auf der „einzigartige Potenzial [von Interreg-Programmen] zur Erleichterung der Erweiterung“ hin. Kandidatenländer wie Moldawien, die Ukraine oder der Westbalkan würden im Rahmen der Beeilung an Interreg wichtige Erfahrungen mit der Funktionsweise der EU-Politik machen. Auch weiterhin hat Interreg mit Herausforderungen zu kämpfen, z. B. den hohen Anforderungen an die Verwaltungskapazität für Programme, vor allem in abgelegenen Gebieten oder an den Außengrenzen oder mit den rechtlichen und administrativen im Alltag. Notwendigkeit, die Arbeitsbedingungen zu verbessern Markt Zusammenarbeit. In dieser Hinsicht sind Parlament und Kommission einig, daß die Verhandlungen über den Europäischen grenzübergreifenden Mechanismus (ECBM) wiederaufgenommen werden sollten, die der Rat seit Jahren verschleppt.

Wie Martina in ihrem Bericht (s. o.) über die REGI-Studienreise nach Finnland ausführlich berichtete, hat der Krieg Rußlands gegen die Ukraine auch auf die Kohäsionspolitik schwerwiegende Auswirkungen. So sind beispielsweise die Programme mit Rußland (z. B. https://kolarctic.info/)  unterbrochen, was auch die an diesen Programmen beteiligten europäischen Regionen in Schwierigkeiten bringt. Nicht alle Projekte kann man einfach auf einer Seite der Grenze weiterführen und abzuschließen oder Projektpartner durch solche in einem anderen Land ersetzen. Immerhin geht es hierbei um konkrete regionale und lokale Herausforderungen in Bereichen wie Umwelt, öffentliche Gesundheit und Sicherheit vor Ort.

Mehr über Interreg: https://interreg.eu/

EU-Strukturförderung in Kohleregionen

Weiteres Highlight der Ausschußsitzung war die Vorstellung der einer Studie über „Kohäsionspolitik in EU-Kohleregionen“.

Von der EU wird erwartet, daß sie Regionen dabei unterstützt, die gemeinsamen EU-Ziele zum Kohleausstieg und zur Beendigung des fossilen Zeitalters zu erreichen. Kohleregionen stehen einerseits vor der Herausforderung, neue Technologien zu übernehmen. Damit einher geht aber die Notwendigkeit, einen grundlegenden Strukturwandel einzuleiten, der das soziale Gefüge und die Lebensgrundlagen der Bürgerinnen und Bürger nicht außer acht lassen darf. Die Studie konzentriert sich auf Umsetzung und Wirkung der Kohäsionspolitik auf regionaler und lokaler Ebene in Kohleregionen der EU. Sie gibt einen Überblick über die zugrundeliegenden sozioökonomischen und territorialen Merkmale der EU-Kohleregionen und analysiert Anwendung und Programmierung der Kohäsionspolitik in sechs Fallstudienregionen in Spanien, Polen, Deutschland, Tschechien, Griechenland und Bulgarien. Für Deutschland wurde die Rhein-Neckar Region um Düsseldorf untersucht, EFRE und ESF-Mittel kommen dort zum Einsatz.

Die wichtigsten Schlußfolgerungen, die das Forschungsteam den MdEP für die Weiterentwicklung der Kohäsionspolitik mit auf den Weg geben:

Maßnahmen und Instrumenten zur Unterstützung eines gerechten Übergangs sollten den spezifischen Merkmalen jeder einzelnen Kohleregionen Rechnung tragen können. Dazu ist es nötig, die regionale Ebene in deren Ausgestaltung (teilweise stärker als bisher) einzubeziehen. Bei der Umsetzung der Programme der Kohäsionspolitik für 2021-27 sollten berücksichtigt werden, daß Strukturwandel viele Dimensionen hat, eben auch Umweltsanierung und Revitalisierung von Bergbaustandorten und Umwandlung kohlenstoffintensiver Anlagen nötig sind. Zudem haben Projekte unterschiedlicher Größenordnung, von klein bis groß, ihre Berechtigung.

Nicht überraschend ist die Aufforderung, Angleichung, Koordinierung und Zusammenarbeit zwischen den Verwaltungsbehörden für die verschiedenen Strukturfonds, besonders EFRE, ESF, KF und JTF, zu stärken, um Synergieeffekte zu schaffen, die Überschneidung von Finanzierungsinstrumenten für die Projekte zu vermeiden und die Flexibilität und Verfügbarkeit für die Begünstigten zu verbessern.

Letztlich steht und fällt die sinnvolle Nutzung von EU-Strukturfondsmittel auch in Kohleregionen mit den Grad der Information über Finanzierungsmöglichkeiten, verfügbare technische Hilfe, bewährte Verfahren sowie Austauschmöglichkeiten. Weitere Informationen hier.

Europaminister der Bundesländer berieten in Brüssel

Am 1. und 2. März trafen sich unter dem Vorsitz von Sachsen-Anhalt die Europaminister der deutschen Bundesländer zu einer gemeinsamen Beratung in Brüssel. Einen kurzen Bericht über die Beratungen zu den Folgen des Krieges gegen die Ukraine, zum US-amerikanischen Inflation Reduction Act (IRA) und zur EU-Antwort darauf sowie zur den inzwischen intensiv begonnenen Überlegungen über die Ausrichtung der Kohäsionspolitik der Zukunft findet sich hier auf den Seiten von Schleswig-Holstein. Das Bundesland wird den Vorsitz der Europaministerkonferenz (EMK) im Juli übernehmen. Wer wissen will, was die EMK eigentlich ist und warum sie vor 30 Jahren gegründet wurde, kann das in dieser Broschüre nachlesen.

Strukturwandel – aus alt mach neu, auch in Brüssel | Foto: Nora Schüttpelz

Zukunft der EU-Regional- und Strukturpolitik

Das Europaparlament hatte bereits im September 2022 eine erste Orientierung für die Kohäsionspolitik nach 2027 vorgenommen. Nun hat die EU-Kommission Anfang dieses Jahres eine Gruppe hochrangiger Experten zur Zukunft der Kohäsionspolitik eingesetzt. Sie soll ihrem Selbstverständnis nach darüber nachdenken, wie die Wirksamkeit der Kohäsionspolitik maximiert werden kann, um die vielfältigen Herausforderungen anzugehen, die im 8. Kohäsionsbericht identifiziert wurden, von der Innovationskluft bis zum demografischen Wandel, und wie die Politik einen fairen digitalen und grünen Übergang sowie regionale Erholung und Wachstum unterstützen wird. Sie wird Vertreter der Wissenschaft, nationale, regionale und lokale Politiker, sozioökonomische Partner und Vertreter der Zivilgesellschaft zusammenbringen Die Gruppe wird sich im Laufe des Jahres 2023 neunmal in Brüssel treffen und soll ihre strategischen Schlußfolgerungen und Empfehlungen Anfang 2024 veröffentlichen. Teile der Beratungen werden online übertragen. Die zweite Sitzung wird am 9. März von 10h40 bis 15h15 stattfinden und kann hier angesehen werden.  

Angesichts eines inzwischen beinahe permanenten Krisenmodus, immer enger thematisch verzahnter Herausforderungen oder auch angesichts tiefergreifender Debatten um die Zukunft der Europäischen Integration wird es sich um durchaus grundsätzlichere Überlegungen handeln müssen. Es wird kaum ausreichen, die politischen Überschriften neu zu formulieren, den ein oder anderen Fonds umzubenennen, zusammenzufassen oder neuzuschaffen. Auch die durchaus wichtigen Debatten um die Regionen-Kategorien oder um Makroökonische Konditionalitäten müssen letztlich auf Sinn und Rolle der Regional- und Förderpolitik zugeschnitten werden. Das European Policy Centre spricht gar von einer „Identitätskrise der Kohäsionspolitik“ und beteiligt sich an der Zukunftsdebatte mit einem Diskussionspapier.

Europäische Metropolregionen in Deutschland stellen sich vor

Metropolregionen stellen sich vor | Foto: Nora Schüttpelz

Während einer Fachtagung des „Initiativkreises Europäische Metropolregionen in Deutschland“ ging es in dieser Woche um das Thema „Metropolregionen gestalten Transformation“. Vorgestellt wurden Projekte verschiedener Metropolregionen in so unterschiedlichen Transformationsbereichen wie Energieerzeugung, Grüne Infrastruktur, Ernährungswirtschaft oder Automobilindustrie. Doch es ging nicht nur um die Vorstellung konkreter Projekte, die auch mit EU-Fördermitteln unterstützt werden. Ein zentraler Gedanke der Metropolregionen ist die Partnerschaft auf Augenhöhe zwischen Stadt und umgebendem Land, die die alten Vorstellungen von urbanen Zentren als Versorgungspole ihrer ländlichen Umgebung überwinden, die wiederum vor allem als landwirtschaftliche Produktionsfläche und vielleicht noch Naherholungsgebiet angesehen wurden. Das Umdenken ist dabei nicht einfach eine Sache der Fairneß, sondern es drehen sich auch bestimmte Aufgabenzuweisungen inzwischen ganz praktisch um: Waren es beispielsweise lange Zeit die städtischen Ballungsgebiete, deren Stadtwerke die Umgebung mit Energie versorgten, werden heute ländliche Flächen zunehmend zu (Wind- und Solar-) Energieerzeugungsflächen – auch mit allen dazugehörigen Problemen. In die o. g. Debatte um die Zukunft der Kohäsionspolitik muß auch der Gedanke dieser „funktionalen Räume“ sicherlich stärker und in mancherlei Hinsicht neu mitgedacht werden. Ein Mitschnitt der Veranstaltung ist hier verfügbar.

35.000 Bahntickets für Reisen durch Europa: Am 15. März startet die neue Bewerbungsrunde für DiscoverEU 

Junge Menschen können sich ab dem 15. März um einen Reise-Pass bewerben, um Europa und sein reiches kulturelles Erbe zu erkunden. Die neue DiscoverEU-Bewerbungsrunde beginnt am Mittwoch, dem 15. März, um 12:00 Uhr und endet am Mittwoch, dem 29. März, um 12:00 Uhr. Bewerben können sich alle 18-Jährigen mit Wohnsitz in einem der EU-Mitgliedstaaten oder in einem mit dem Programm assoziierten Drittland, d. h. Island, Liechtenstein, Nordmazedonien, Norwegen, Serbien und der Türkei. Auf dem Europäischen Jugendportal finden sich die Teilnahmeregeln, die Links zum Bewerbungsverfahren und auch Reisetipps. Als Teil der Bewerbung müssen fünf allgemeine Fragen rund um die EU sowie eine Stichfrage beantwortet werden. 70.000 Reise-Pässe werden in diesem Jahr insgesamt vergeben werden.  Tipps zur Vorbereitung kann man sich übrigens in der #Discover EU Facebook-Gruppe holen.

Zur Bewerbungswebsite geht es hier: https://youth.europa.eu/discovereu_de

Vorschau REGI im März 

Die nächste Sitzung des  REGI-Ausschusses findet am 22. März, 9-18h30,  statt mit u. a. folgenden Themen:  

Öffentliche Anhörung: EU-Regionen in der „Entwicklungsfalle“: gezielte Lösungen durch Instrumente der Kohäsionspolitik

Präsentation der GD REGIO zum 4. Bericht über die Umsetzung der makroregionalen Strategien der EU.

Präsentation einer Studie des EU-Rechungshofes zu den EU-Strukturfonds und dem der Wiederaufbau und Resilienzfazilität

Abgestimmt werden die Berichte: „Die Rolle der Kohäsionspolitik bei der Bewältigung multidimensionaler Umweltherausforderungen im Mittelmeerraum“ und „Bewertung der neuen Mitteilung der Europäischen Kommission zu Regionen in äußerster Randlage“. 

Dieser Artikel ist zuerst auf DIE LINKE. im Europaparlament erschienen.