REGI NEWS – Dezember 2021

Martina Michels, Nora Schüttpelz

Diskussion & Bericht zur Zukuft der Städte – REGI verurteilt Impfgegner-Anschlag auf MdEP – Veranstaltung „Transformation & Automobilindustrie“ – Fördertipps Kultur & Interreg – Konsultation zum „Neuen Europäischen Bauhaus“

Kürzlich im REGI-Ausschuß

MdEP Martina Michels | Foto: THE LEFT

In einer neuen Ausgabe der Anhörungsreihe zu „EU-Unterstützungsinstrumenten und Erholung aus der Covid-19-Krise“ waren in dieser Woche BürgermeisterInnen aus Städten und Gemeinden im REGI-Ausschuß zu Gast. Die Vorträge von Kalin Kamenov (Bürgermeister von Vratsa, Bulgarien), Pierluigi Biondi (Bürgermeister von L’Aquila, Italien), Krystyna Danilecka-Wojewódzka (Bürgermeisterin von Słupsk, Polen) und Ericka Bareigts (Bürgermeisterin von Saint Denis de la Réunion, Frankreich) sowie die Debatten mit den MdEP können in der Videoaufzeichnung angesehen werden.

Auch wenn die Gewichtung der Probleme regional und lokal etwas unterschiedlich ist, so wurde doch mehrfach der Mangel an Pflegepersonal angesprochen, dessen Überbelastung schlechte Bezahlung und fehlende Ausbildungsplätze. Strukturelle und krisenbedingte finanzielle Notlagen der Kommunen tragen jedoch auch zu allgemeinem Personalmangel vor Ort bei, damit zu Schwierigkeiten bei der Verwaltung auch der EU-Fördermittel. EU-Hilfsinstrumente wurden dennoch vielfach genutzt, um medizinische Ausrüstung, Krankenwagen, medizinische Geräte, Masken, Schutzausrüstungen u. a. anschaffen zu können. Besonders notwendig war dies für die eher abgeschiedenen Orte, um auch die dort lebenden Menschen versorgen zu können. Wichtig ist für Gemeinden und Städte auch die aktuelle Flexibilität der EU-Beihilferegeln. So konnten verschiedene Hilfsinstrumente für Unternehmen und Beschäftigte in Kurzzeit oder temporärer Arbeitslosigkeit leichter in Kraft gesetzt werden.

Klar wurde, dass besonders die teilweise Aussetzung der EU-Schuldenbremse überall als erforderlich und richtig aufgenommen wurde und es auch noch auf absehbare Zeit bleiben wird. Nur so würde eine Erholung aus der Krise für alle machbar und auch – wie es gemeinsame europäische Zielstellung ist – sowohl ökologisch nachhaltig als auch mit neuem Schwung für die Digitalisierung.  Angesprochen wurde außerdem, dass es sich bei der Corona-Krise voraussichtlich nicht um die letzte größere Krisensituation handelt. Neben möglichen Pandemien sind die Folgen des Klimawandels nicht mehr zu übersehen. Besonders hart trifft es zwar beispielsweise Inselregionen angesichts des steigenden Meeresspiegels, großer Wellenbewegungen, Überschwemmungen an Flüssen in Städten mit großer Bevölkerungsdichte. Doch daß der Schutz Biodiversität und Klima und auch Vorkehrungen zur Eindämmung kaum mehr Klimakatastrophen dringlich sind, zeigten in diesem Sommer schließlich auch die Überschwemmungen und Waldbrände auf dem Festlandeuropa.
 
Der Dialog über die Zukunft des gescheiterten Stabilitäts- und Wachstumspakts hat längst begonnen. Sowohl die Wirtschaftskrise seit 2008 als auch die anhaltende Pandemie haben bewiesen, daß der derzeitige europäische Rahmen für die wirtschaftspolitische Steuerung ineffektiv ist und politisch auf ungerechten und nicht nachhaltigen Grundlagen basiert. Soziale und regionale Ungleichheiten nehmen zu, Beschäftigung, öffentlicher Sektor und nachhaltig orientierte Politiken und Investitionen sind in Gefahr.

Nicht im REGI-Ausschuß, aber genau in diesem Zusammenhang hat die Fraktion THE LEFT in dieser Woche in einem Webinar die Frage nach einem „Neuen europäischen Wirtschaftsrahmen und der Wiederaufbaupolitik“ gestellt: Wie können wir die gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Pandemie überwinden? Welche Alternativen gibt es zum aktuellen EU-Rahmen für die wirtschaftspolitische Steuerung, der den RFF und die nationalen Konjunkturprogramme zur Stärkung von integrativem und nachhaltigem Wachstum, hochwertiger Vollbeschäftigung und Bekämpfung des Klimawandels nutzt?

Die Aufzeichnung des Webinars ist hier zu finden:

https://www.youtube.com/watch?v=izVIYLOXl3I

Einen wirklich gelungenen Initiativ-Bericht „Herausforderungen für städtische Gebiete in der Zeit nach der COVID-19-Krise“ nahm der REGI-Auschuß in dieser Woche mit 33 Stimmen und 8 Enthaltungen an.

Covid-19 verursachte gleichzeitig eine Gesundheits-, wirtschaftliche und soziale Krise und stellt eine ernsthafte Herausforderung gerade für Städte, dar. Sie müssen als wichtige Partner bei der Erholung von der Covid-19-Krise in Richtung eines integrativen, nachhaltigen und widerstandsfähigen Europas einbezogen werden. Die Wiederaufbaubemühungen müssen darauf abzielen, die seit langem bestehenden Schwachstellen, mit denen Städte konfrontiert sind, anzugehen und über die gesundheitlichen Auswirkungen hinauszugehen, um anhaltende Ungleichheiten anzugehen. Der Bericht bietet eine Reihe von Empfehlungen, die sich mit einigen der gravierendsten Herausforderungen städtischer Gebiete in der Zeit nach der COVID-Ära befassen. Integrative Städte – Nachhaltige Städte – Innovative Städte – Lernende Städte – Maßgeschneiderte politische Initiativen: Unter diesen Überschriften stellen die REGI-Abgeordneten einen Katalog von Herausforderungen, wichtigen möglichen Maßnahmen und weiter zu diskutierenden Fragen auf.  Besonderes Augenmerk wird dabei auch dank der Initiative von Martina den sozialen Elementen geschenkt. Neben den dringenden Aufgaben zur Bekämpfung von Ungleichheit, sozialer Ausgrenzung und Armut ist auch ein Abschnitt zum Thema Wohnen enthalten. Unter anderem wird die Politik aufgefordert, spezifische Strategien und geeignete Maßnahmen zu entwickeln, um Hindernisse für das Recht auf Wohnung – wie Diskriminierung, Finanzialisierung, Spekulation, Touristifizierung, mißbräuchliche Kreditvergabepraktiken und Zwangsräumungen – zu überwinden.  Auch zur Debatte um die „Neue Europäische Bauhaus“-Strategie gibt der Bericht Anregungen. Sie sei eine Chance für städtische Gebiete, die Renovierungswelle anzugehen und Projekte, bei denen Kreislaufwirtschaft, Nachhaltigkeit und Biodiversität Priorität haben. Das Neue Europäische Bauhaus müsse einen partizipativen und transdisziplinären Ansatz verfolgen bei dem Ziel, eine nachhaltige Umwelt für alle BürgerInnen zu schaffen. Der Bericht wird voraussichtlich im Januar 2022 dem Plenum vorgelegt werden.

Passend zur Debatte um die Städte der Zukunft hat die Europäische Kommmission am 30. November, eine aktualisierte Fassung ihrer Broschüre zur „Städteagenda für die EU“ vorgelegt, um den jüngsten Entwicklungen bei der Umsetzung der Agenda Rechnung zu tragen.

Sie ist hier zu finden:

https://ec.europa.eu/regional_policy/sources/docgener/brochure/urban_agenda_eu_2021update_en.pdf

Solidarität mit MdEP Pascal Arimont

Übersetzung der Presseerklärung des REGI-Ausschußvorsitzenden, Younous Omarjee (THE LEFT), im Namen aller REGI-Abgeordneten:

„Ich möchte meinem Kollegen Pascal Arimont und seiner Familie, die Opfer eines brutalen Angriffs auf ihr Wohnhaus geworden sind, meine volle Solidarität und die aller Mitglieder des Ausschusses für regionale Entwicklung des Europäischen Parlaments zum Ausdruck bringen. In der Nacht auf Samstag, den 4. Dezember, warfen Personen einen Molotow-Cocktail in ihr Haus. Drohende und haßerfüllte Inschriften wurden auch an die Wand ihres Hauses geschrieben. Keine politische Position kann eine solche Feigheit und Bedrohung rechtfertigen. Wir verurteilen aufs schärfste diese Tat, die durch nichts zu rechtfertigen ist, und auch allgemeiner diese Welle von Haß gegen gewählte Amtsträger.

Die Äußerung von Meinungsverschiedenheiten muß immer den Weg des Dialogs und des Austauschs gehen und niemals den der Gewalt. Wir müssen eine Deeskalation dieses Spannungsklimas einleiten, das derzeit in ganz Europa herrscht. Andernfalls werden wir unseren Demokratien schaden.“

Veranstaltungstipp: 

„Die Notwendigkeit der Transformation: Herausforderungen für den internationalen Automobilsektor“

Am Donnerstag, 16. Dezember 2021, 18:00 – 19:30 stellt die Rosa-Luxemburg-Stiftung Brüssel diese neue Publikation vor.

Mehr Informationen online hier:

https://www.rosalux.eu/de/topic/66.veranstaltungen.html?id=1270

Anmeldungen bitte an: manuela.kropp@rosalux.org

In der Studie werden die Hindernisse und Potenziale für eine Transformation der Autoindustrie und einen Aufbau einer ökologischen Mobilitätsindustrie mit Gewerkschafter*innen, Klimaaktivist*innen und Vertreter*innen der Autoindustrie aus Brasilien, Serbien, Slowakei, Tschechien, Spanien, Frankreich und Italien diskutiert.  Vortragende sind AutorInnen der Studie aus verschiedenen Ländern, den Eröffnungsbeitrag hält Janine Wissler, MdB und Ko-Vorsitzende der Partei DIE LINKE.

Fördertipps und Beteiligung

Zunächst hier Hinweis auf die neuesten Beiträge auf der Fördermittel-Website der Delegation der LINKEN. im Eropaparlament: http:// https://www.eu-foerdermittel.eu/beitraege/  

Zusätzlich zu den regelmäßigen Newsletterbeiträgen wird die Seite aktuell überarbeitet und mit Hinweisen und Neuregegelungen zur neuen Strukturfonds-Förderperiode versehen. 

Neuer Online-Leitfaden zur EU-Förderung für die Kulturbranche

https://ec.europa.eu/culture/funding/cultureu-funding-guide

Europa fördert Kultur natürlich mithilfe eines eigenen Programms: „Kreatives Europa“. Doch gerade auch die EU-Strukturfonds bieten viele Unterstützungsmöglichkeiten für Kulturschaffende und kulturelle Einrichtungen. Mit diesem interaktiven Leitfaden möchte die Europäische Kommission den Zugang zu den Fördermöglichkeiten der Kultur- und Kreativwirtschaft über alle Förderquellen der Europäischen Union im Zeitraum 2021-2027 erleichtern. Das Ziel besteht darin, den Akteuren in diesen Sektoren dabei zu helfen, die am besten geeigneten Quellen der EU-Unterstützung für ihre Projekte zu ermitteln. Basierend auf Ihren Angaben zur Branche, in der Sie tätig sind, der Art der Organisation und der gesuchten Unterstützung führt der Online-Leitfaden Sie zu geeigneten Finanzierungsquellen und Ausschreibungen, Informationen über verfügbare Budgets, Antragsverfahren der verschiedenen Förderquellen und Links zu den entsprechenden Programmen oder Ausschreibungen.
 
Öffentliche Konsultation zum „Neuen Europäischen Bauhaus“: Am 15. September 2021 hat die Europäische Kommission Ihren Leitfaden zur Initiative New European Bauhaus als übergreifende Umwelt-, Wirtschafts- und Kulturbewegung veröffentlicht, um den europäischen Grünen Deal zu verwirklichen und den Wiederaufbau und die Transformation Europas nach der Covid-19-Pandemie zu unterstützen. 
Der Ausschuss der Regionen ruft alle relevanten Interessengruppen auf, sich noch bis 31/12/2021 schriftlich an einer öffentlichen Konsultation zu beteiligen: https://cor.europa.eu/en/events/Pages/the-new-european-bauhaus-online-written-stakeholders-consultation.aspx

Der erste Aufruf zur Einreichung von Projektvorschlägen im Rahmen von Interreg CENTRAL EUROPE ist eröffnet (vom 15. November bis 23. Februar 2022). 

Mit einem vorläufigen Budget von 72 Millionen EUR aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) richtet sich dieser erster Aufruf an öffentliche und private Organisationen in ganz Mitteleuropa, zusammenzuarbeiten und Herausforderungen, die keine Grenzen kennen, gemeinsam zu lösen. Der Fokus unserer Förderung liegt auf der Unterstützung der Zusammenarbeit zwischen Regionen und Städten aus 9 zentraleuropäischen Ländern (Österreich, Kroatien, Tschechien, Deutschland, Ungarn, Italien, Polen, Slowakei und Slowenien). Informationen und Leitdfaden für Anfänger und Ausschreibungserfahrene hier:  https://www.interreg-central.eu/Content.Node/apply/newfunding.html

Dieser Artikel ist zuerst auf DIE LINKE. im Europaparlament erschienen.