„Das Parlament kann hier keine Bremse sein…“

Foto: Peter Cichorius

Zur Sondersitzung im Regionalausschuss zu Griechenland

von Konstanze Kriese

Auf Antrag des Regionalausschusses wird es – wenn sich die Konservativen nicht auf anderen Wegen erneut quer legen – ein beschleunigtes Verfahren geben, damit eine wirklich interessante Verordnung der Europäischen Kommission in Kraft treten kann. Es ist geplant, dass lokale Investitionsklima in Griechenland nachhaltig zu verbessern. 2 Mrd. € sollen aus der laufenden Förderprogrammperiode 2014 – 2020 als vorgezogene Anschubfinanzierung zur Verfügung gestellt werden. Das ist eine Erhöhung von üblichen 1 % auf 3,5%. Überdies sollen die Kofinanzierungen der regionalen Projekte tatsächlich auf 0 zurückgefahren werden. Nach diesem Sonderverfahren werden auch Schlusszahlungen aus der vergangenen Förderperiode 2007 – 2013 sofort auszahlfähig, wenn der Parlamentspräsident eine verkürzte Verfahrensweise für die Entscheidung zu diesem Vorschlag in der nächsten Plenumswoche in Straßburg verkündet.

Etwas absurd mutete denn doch die Debatte im Sonderausschuss an, als Vertreter der Konservativen auf einmal die Rechte der Parlamentarierinnen und Parlamentarier beschwörend, gegen das verkürzte Verfahren sprachen. „Wir wollen viele schriftliche Anfragen stellen und auch Änderungsanträge und nicht in unseren parlamentarischen Rechten beschnitten werden …“ jammerten Lambert van NISTELROOIJ von den niederländischen Christdemokraten. Abgesehen davon, dass ihnen das alles unbenommen ist, fragt man sich doch verwundert, wann derartige Hymnen auf die nackte Verfahrensdemokratie denn je bei TTIP oder anderen vergleichbaren eher „parlamentsfernen“ europapolitischen Aktionen vom Rat und der Kommission angestimmt wurden? Nea Demokratika, die griechische „Sektion“ der Europäischen Volkspartei, setzte in dieser Eierei offenbar wahlkampfbedingt noch eines drauf, auch wenn sie irgendwie für schnelle Hilfen seien, müsste doch nun geprüft werden, wie alles bei den Begünstigten ankommt. Alles richtig, alles wahr, nur aus manchen Mündern hört es sich wirklich komisch an.

Das Parlament hat nun noch immer einige Hausaufgaben zu machen und, das muss man so klar sagen: diese Regelungen werden die Mainstreamapolitik, die mit dem dritten „Hilfspaket“ von 86 Mrd. € nur mehr Banken bedient und eher wenig zur Realinvestition und zur Anhebung der öffentlichen Dienste beitragen wird, nicht aushebeln. Sie sind ein „Tropfen auf einen völlig fehlgeleiteten Lavastrom“, wie ein Freund auf Facebook zurecht kommentierte. Doch wenn dieses Sonderprogramm aus den Struktur- und Sozialfonds punktuell stabilisiert und funktioniert, könnte es – in kleinsten Dosen sicherlich – in Richtung einer alternativen Wirtschaftspolitik weisen. Dabei müsste allerdings auf Dauer die sogenannte „makroökonomische Konditionierung“, die im Schlepptau der Förderprogramme, eher ideologisch begründet, viele neue Wege verhindert, endlich abgeschafft werden.

Vielleicht sind die Erfahrungen mit dem möglichen Sonderprogramms für Griechenland sinnvoll für die Erkenntnis, dass es bei der unsinnigen Kürzungspolitik längst nicht nur um Griechenland geht.

Genau dazu hat sich Martina Michels heute deutlich und kritisch im Sonderausschuss geäußert bei gleichzeitiger Würdigung der Anstrengungen der Kommission, die eigentlich fünf nach zwölf auf den Weg gebracht werden. Jetzt besteht die Chance, dass die Kommissionsvorschläge in der ersten Oktoberwoche im Plenum verabschiedet werden, damit die Umsetzung endlich beginnen kann.

Wir haben unsere griechischen Genossen, die sich ebenso deutlich für das beschleunigte Verfahren ausgesprochen und eingesetzt haben, unseren Vizepräsidenten Dimitrios PAPADIMOULIS, der selbst Mitglied im Regionalausschuss ist, gern unterstützt und hoffen sehr, dass die heutige Entscheidung auch Ermutigung im Wahlkampf für Syriza ist und für die schwierigen politischen Entscheidungen, die die Linke in Griechenland und in Europa in Angriff nehmen muss.