The winner is… – Lux-Preis ist mehr als ein Europäischer Filmpreis

Verleihung des LUX-Filmpreises 2021 | Screenshot: Konstanze Kriese

Martina Michels, kulturpolitische Sprecherin von DIE LINKE im EP, kommentiert die heutige Verleihung des LUX-Filmpreises im Europäischen Parlament:

„Wir haben nur diesen Europäischen Filmpreis, jenseits der großen Festivals, bei dem in besonderer Weise das Europaparlament engagiert ist und mit dem Preis auf alles verweisen kann, was der unterfinanzierten Filmförderung in Europa fehlt: Die Vielsprachigkeit, die besonderen Erzählweisen, die kulturelle Vielfalt eines Kontinents und die dringende Notwenigkeit, dieses breite Filmschaffen europaweit reisen zu lassen, sich auszutauschen und als große Begegnung anzuerkennen.“

„Ich freue mich sehr mit allen drei Finalisten. Der Gewinner Kollektiv – Korruption tötet von Alexander Nanau ist eine harte investigative Erzählung über Korruption im Gesundheitswesen in Rumänien. Dieser bewegende Dokumentarfilm wurde nach dem Bukarester Nachtclub „Colective“ benannt, in dem im Jahr 2015 bei einem Brand 27 junge Menschen starben und 180 Personen verletzt wurden. Der Preisträger erklärte in seiner Rede, dass Europa unbedingt die systematische Gängelung von Investitionen in Bildung und Kultur überwinden muss. Dem kann ich nur vollen Herzens zustimmen.“

„Ich kann jedem nur empfehlen, sich auch den 2. Preisträger, die polnisch-französische Koproduktion Corpus Christi von Jan Komasa, anzuschauen. Dieser steht in der aufregenden Tradition des polnischen Kinos, das sich mit Namen wie Andrzej Wajda und Krzysztof Kieślowski nachhaltig in die internationale Filmgeschichte eingraviert hat. Auch der 3. Preis, Der Rausch von Thomas Vinterberg ist absolut sehenswert und beleuchtet soziale Räusche, das Thema Alkohol in eindringlicher Art und Weise.“

„Die LUX-Preis in diesem Jahr brachte uns ein Novum: eine breite Abstimmung des Publikums in allen Mitgliedstaaten in einem eigenen Publikumspreis. Doch alle Produktionen, Nominierungen und Entscheidungen waren – nicht nur wegen Corona – keine einfache. Das Kinoerlebnis fehlte. Selbst wenn man einen Stream gemeinsam schauen kann, die große Leinwand ist noch immer eine besondere Stimmung, um in eine filmische Geschichte einzutauchen und sie dann mit in den Alltag zu nehmen. Die Pandemie wird unsere Sehgewohnheiten nicht vollständig verändern. Doch sie wirkte im Europäischen Kino wie das Brennglas, das uns viele Probleme verschärft sichtbar machte, vor denen die Filmproduktionen generell stehen. Die Branche hat 2020 gelitten, wie viele andere, nicht oder nur wenig produzieren zu können. Derzeit ist es bei Kinos so, selbst wenn sie wieder öffnen, wie in einem Restaurant, dem frische Zutaten fehlen. Deshalb unterstützen wir nachdrücklich die Forderung des Europaparlaments: Unterstützt die Kultur- und Filmbranche mit mindestens zwei Prozent aller Gelder aus dem europäischen Wiederaufbau-Programmen. Wir haben viel nachzuholen.“

Abschließend kommentiert Martina Michels:

„Wir müssen die Film- und Kulturproduktion endlich mit sicheren Arbeitsplätzen, mit sozialen Absicherungen verbinden und, so wie es das neue Programm „Kreatives Europa“ vorsieht, mit mehr Inklusion und Geschlechtergerechtigkeit. Das beginnt bei den Drehbüchern, den Debatten, der Auswahljury, der Regiearbeit und auch bei der technischen und organisatorischen Absicherung von Film- und Kunstproduktionen. Auch in dieser Branche verdienen Frauen weniger, haben unsicherere Jobs und sind letztlich mit ihren Lebensentwürfen und -erfahrungen in der filmischen Geschichte weniger vertreten. Auch der Lux-Film-Preis kann an dieser Stelle Vorbild sein, was manches Jahr schon besser gelang.“