Sacharow-Preis 2021 für Nawalny sollte mehr Kooperation in Europa ermöglichen

Martina Michels, Sprecherin von DIE LINKE. im Europaparlament, kommentiert die heutige Verleihung des Sacharow-Preises im Europaparlament:

„Mit der Preisverleihung an Alexei Nawalny unterstreicht das Europaparlament die Forderung nach der Freilassung eines der bekanntesten Gesichter der russischen Opposition. Nawalny ist zwar wie ein Spiegel der jüngeren Auswüchse eines russischen Nationalismus, geht es um seine eigenen zweifelhaften politischen Ansichten, doch sein Kampf gegen Korruption ist einzigartig, preiswürdig und verdient absolute Unterstützung. Mit den Klobürsten bei den anhaltenden Protesten gegen Putin hat er sich überdies ein eigenes symbolisches Denkmal als erfolgreicher politischer Blogger setzen können.“

„Mehrfach hatte der Europarat die Freilassung und ein Ende der politisch motivierten Verfolgung angemahnt. Doch Russlands Regierungsvertreter stellen inzwischen ihre Gesetze zur Verfolgung und Durchleuchtung von NGOs über die Gültigkeit der Europäischen Menschenrechtscharta, die sie als Mitglied des Europarates anerkannt haben. Hier muss ich klar festhalten: die politische Verfolgung der eigenen Opposition und auch der menschenverachtende Umgang mit ‚queeren‘ Menschen sind Gift für den nötigen Dialog und mehr Kooperation in Europa.“

„Noch alarmierender sind natürlich die oft strategisch eleganten Kampfansagen Russlands, wenn Truppen nah der Ukraine aufgestellt oder wie nebenbei der Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan in einer Weise besänftigt wird, dass Russland als Schutzmacht beider Kaukasus-Staaten akzeptiert wird. Hier ist die EU inzwischen selbst als Dialogpartner im Schlingern und glänzt eher mit Doppelstandards. Denn alles, was sie Putin zurecht ankreidet, verschweigt sie beim Alijew-Clan in Baku. Wenn hier laut Nordstream 2 infrage gestellt wird, was ökologisch durchaus Sinn ergibt, wird das Gas aus Aserbaidschan ohne Murren importiert und über die Verletzung der Rechte der politischen Opposition und von Journalist*innen hört man von der EU keinen Ton.“ 

„Ich wünschte mir daher, dass der Preis für Nawalny nicht nur als Ansage an Putin, unteilbare Menschenrechte zu garantieren, verstanden wird, sondern auch ein Nachdenken bei der EU-Diplomatie und bei vielen politisch Verantwortlichen und Gewählten einsetzt, was die EU selbst für einen besseren Dialog mit Russland tun kann. Ein geeintes Europa ist ohne eine moderne Kooperation nicht zu haben. Säbelrasseln auf beiden Seiten führt nur in die Sackgasse.“  

Dieser Artikel ist zuerst auf DIE LINKE. im Europaparlament erschienen.