Gegen Rassismus und Krieg – Für Freiheit und Frieden

Bündnis kurdischer Vereine gegen Rassismus in Berlin – Kundgebung am Sonntag, den 6.9.2020 Pariser Platz / Brandenburger Tor -Berlin

  • Gegen Rassismus und Krieg,
  • Für Freiheit und Frieden,
  • Gegen Erdoğan-Regime,
  • Freiheit für alle politische Gefangenen – Frieden in Kurdistan !

Grußwort von Martina Michels:

Liebe Freunde, liebe Genossinnen und Genossen,

liebe Mehtap Erol, lieber Hakan Taş!

Sehr gern wäre ich zu Eurer Demonstration gekommen, doch heute werde ich schon bei einem anderen Friedensfest erwartet. Deshalb möchte ich Euch unbedingt zuerst grüßen und auch alle Grüße meiner Kolleginnen und Kollegen aus dem Europäischen Parlament übermitteln. In unserer Kurdischen Freundschaftsgruppe im Europaparlament, die sich gemeinsam mit vielen Kurdinnen und Kurden meistens Anfang Dezember in Brüssel trifft, sind Abgeordnete von den Linken, den Grünen, der Sozialdemokraten, ja auch von der ziemlich konservativen EKR-Fraktion.

Doch es ist ein gutes Gefühl, über Fraktionsgrenzen an Eurer Seite Politik zu machen, wenn es darum geht, dem Erdoğan-Regime die Rote Karte zu zeigen.

Ich bin sehr froh, dass Ihr nicht leiser werdet, auch nicht in diesen schwierigen Zeiten, in denen wir oft nur telefonieren können, uns online sehen und trotzdem viel Unterstützung für unsere Mitmenschen organisieren müssen.
Wir brauchen unsere Kraft gemeinsam für die Kleinsten, weil sie lernen sollen. Wir brauchen unsere Solidarität für unsere Großmütter und Großväter, weil wir von ihnen das kämpfen gelernt haben – gegen Repression und Unterdrückung.

Und wir müssen uns gegenseitig unterstützen, damit unsere Genossinnen und Genossen, die besonderen Verfolgungen ausgesetzt sind, unsere Kommunalpolitikerinnen im Süd-Osten der Türkei, Journalisten und Wissenschaftlerinnen, Aktivisten und Frauenrechtlerinnen, Menschenrechtsanwälte und Musikerinnen, nicht die Hoffnung verlieren.

Ja, es schmerzt uns, wenn unsere Freunde im Protest den Tod finden und wir hoffen sehr, dass Helin Bölek, Sultan Gökçek von Group Yorum und der Anwältin Ebru Timtik die Erde leicht ist. Wir werden euch nie vergessen! 

Wir werden uns weiter für die die Freilassung aller politischen Gefangenen einsetzen! 

Genossinnen und Genossen,
wir haben nicht vergessen, wie Abdullah Erol in Ankara und Tahir Elçi in Diyarbakırermordet wurden. Und bis heute ist keines dieser Verbrechen aufgeklärt. 

Es wurde Zeit, dass in offiziellen Papieren im Europaparlament die Freilassung von Selahattin Demirtaş und Figen Yüksekdağ gefordert wird, denn auch das steht nur stellvertretend für die Forderung eines Endes der Repression gegen unzählige Aktivistinnen und Aktivisten.

Wir sind in den vergangenen Jahren nicht müde geworden darauf aufmerksam zu machen, dass die EU und auch die Bundesregierung nicht schuldlos sind am Schalten und Walten Erdoğans.

Schon Wochen vor der zweiten Wahl zur Türkischen Nationalversammlung im Jahre 2015 war es mehr als offensichtlich, dass es einen Versöhnungskurs mit Kurdinnen und Kurden von Seiten der AKP nicht geben wird. 

Doch die EU hat dazu weitgehend geschwiegen. 
Und schlimmer noch: Mit dem unsäglichen Flüchtlingsdeal 2016 haben sich die reichen europäischen Staaten in eine grauenvolle Abhängigkeit von Erdoğan begeben und ihre Hausaufgaben für eine humane Flüchtlingspolitik bis heute nicht gemacht. 

Und nun reiben sich die hohen Diplomaten verwundert die Augen, wenn die Türkei geostrategisch nach allem greift, was vor ihrer Haustür ist, wenn sie neben Zypern, inzwischen auch Griechenland bedroht oder das eine Mal Libyen bekämpft, das andere Mal unterstützt.

Bei der Invasion in Afrin 2018 hat die EU geschwiegen. 

Bei der Pufferzone, die das türkische Militär in Rojava 2019 flutete, hat die EU geschwiegen. Und nicht nur das. 
Wie viel Leopardpanzer, Made in Germany, konnte man in den Kampfhandlungen gegen die YPG/YPJ-Verbände sehen? 

Welch donnerndes Schweigen über alle Verbindungen der Türkei zu IS-Kämpfern, von Ölkäufen bis zur Krankenversorgung. Was die Mitgliedsstaaten der EU hier machen, hat lang schon nichts mehr mit rationaler Politik zu tun. 

Es wäre ein leichtes und an der Zeit, endlich die PKK von der Terrorliste zu streichen und einen Friedensprozess unter europäischer Vermittlung endlich wieder aufzunehmen. 

Es muss Schluss sein damit, Kurdinnen und Kurden zu verfolgen, zu verdächtigen, nur weil sie Linke sind und sich für Frauenrechte und Medienfreiheit einsetzen. Das gilt übrigens auch hierzulande. 

Eine friedliche Lösung für kurdische Interessen ist und bleibt eine Gretchenfrage für die Stabilisierung des ganzen Nahen Ostens, der Situation in Syrien, den Konflikten im Irak und im Iran. Deshalb ist die Verantwortung der EU für eine rationale Türkeipolitik so enorm hoch und bedeutet derzeit ganz klar: 

  1. Stopp aller Rüstungsgüterlieferungen an Erdogan!
  2. Wir fordern die Freilassung aller politischen Gefangenen!
  3. Wir stehen für die Stärkung aller demokratischen Kräfte in der Türkei!
  4. Wir begleiten Prozesse in Strasbourg vorm Europäischen Menschengerichtshof!
  5. Wir fahren weiterhin zur Prozessbegleitung in der Türkei, damit alle vor Ort wissen: Die Opposition ist nicht allein!
  6. Wir stellen Öffentlichkeit in politischen Gremien her und hier auf der Straße!

Deshalb bin ich heute im Herzen und in meinem politischen Alltag immer bei Euch. Eine Zukunft ohne Repression haben wir nur, wenn wir gemeinsam kämpfen!

Eure Martina