Martinas Woche 4 & 5 – 2016

 

Holocaust Gedenktag – TISA – Flüchtlingspolitik – Türkei

Die EU-Außenbeauftragte Mogherini erklärt der Türkei gestern, dass sie die „moralische und rechtliche Pflicht“ hat, die aus Aleppo fliehenden Syrerinnen und Syrer aufzunehmen und mahnte die Öffnung der türkischen Grenze an. Erweiterungskommissar Johannes Hahn erinnerte die Türkei an die Genfer Flüchtlingskonvention, an deren Verantwortung. Angesichts der blockierten EU bei der Lösung einer humanen Flüchtlingspolitik, die in der Parlamentsdebatte am vergangen Dienstag (s.u.) einmal mehr offensichtlich wurde, klingen diese Töne schon skurril.

Die Rückschau auf die letzten beiden Wochen nimmt schon Kurs auf den EU-Gipfel am 18./19.2. wie der (weiter unten verlinkte) Bericht zur fünfstündigen Debatte um die Flüchtlingspolitik im Europäischen Parlament am vergangenen Dienstag verdeutlicht.

12. Internationale Kurdenkonferenz in Brüssel

Am 26. Und 27.1.2016 fand die „12. International Conference – on the  EU, Turkey and the Kurds“ statt. Am zweiten Tag (im Bild), wurde die Beratung von der Schriftstellerin Amberin Zaman eröffnet. Danach erhielt die sozialdemokratische Berichterstatterin des Fortschrittsberichts zur Türkei (links neben ihr), Kati Piri, das Wort, zeichnete ein zerrissenes Bild Europas und verwies auf die Rückschritte jeglicher Demokratie in der Türkei. Gerade den Brückenbauern, nicht den Extremisten wird das Leben in der Türkei schwer gemacht, konstatierte sie. Sie befürwortete daher die wiederaufgenommen Beitrittsverhandlungen, besonders Kapitel 23 und 24 (Meinungsfreiheit und Minderheitenrechte). Kontrovers wurde ihre Position diskutiert, dass die Forderung, die PKK jetzt von der Liste der Terrororganisationen zu streichen, im Parlament derzeit keine Mehrheit finden würde, weshalb sie im Moment auf der politischen Agenda der Parlamentsentscheidungen keinen Sinn hätte. Mehr Infos und die Erklärung der Konferenz hier.

Einen Tag nach der Konferenz erschien eine Kolumne von Martina im Neuen Deutschland unter dem Titel: „Keine Freiheit mit Grenzzäumen“. 

Inzwischen hat es dazu in dieser Woche am 4. Februar 2016, eine Sendung von Monitor gegeben, die Thomas De Maiziére im O-Ton erläutern lässt, warum jetzt Schweigen über die türksichen Politik besser sein soll.

27. Januar: International Holocaust Remembrance Day

Vor 71 Jahren befreite die Rote Armee Auschwitz. Das Europäische Parlament begrüßte zum Internationalen Holocaust Remembrance Day am 27. Januar 2016 die ungarische Philosophin Agnes Heller, die im Geiste Hannah Arendts erläuterte, dass es keine denkbare schlüssige Erklärung für die Menschheitsverbrechen in Auschwitz gibt, obwohl sie von Menschen begangen wurden. Sie betonte dabei, wer heute den Antisemitismus nur mit diesem singularen Genozid verbinden will, unterschlägt, welch Jahrhunderte währende Tradition der Antisemitismus in Europa hatte. Unsere Aufgabe bleibt, seine historisch neuen Spielarten ernst zu nehmen.

In dieser Woche tagte das Europaparlament in Straßburg. Neben harten politischen Auseinandersetzungen zur Finanzarchitektur der EU und zur Eierei um den Brexit, bestimmten weiterhin zwei Themen die Agenda. Die Abstimmung zum TiSA-Bericht und die Debatte um die ausbleibenden Lösungen für eine humane Flüchtlingspolitik.

Das Europäische Parlament positioniert sich zu TiSA: pro Liberalisierung

Martina Michels war Schattenberichterstatterin im Regionalausschuss zu TiSA. Warum gerade Kommunal- und Regionalpolitik einen eigenständigen Zugang zur großen Liberalisierungspolitik haben, ist Berlinerinnen und Berlinern durch das Energievolksbegehren, durch ihren Ärger mit dem städtischen Nahverkehr oder bei der umkämpften Wohnungspolitik längst vertraut. Deshalb hat sie nochmals ausführlich erläutert, was ihr Ausschuss und der Ausschuss der Regionen zu dieser Entscheidung beigetragen haben. Am Montag war dazu im Parlament nochmals eine Aussprache, am Mittwoch dann wurde über den Bericht zu TiSA abgestimmt. Mit den Kollegen im Handels- und im Beschäftigungsausschuss, Helmut Scholz und Thomas Händel, hat Martina dann gemeinsam die Presse zu ihrer ablehnenden Berichtsentscheidung informiert. 

Flüchtlingsdebatte ohne greifbare Lösungen: Abgeordnete beklagen die Handlungsblockade der Mitgliedstaaten und der Kommission

Am Dienstagnachmittag hatte das Europäische Parlament vier Tagesordnungspunkte zu einer gemeinsamen Aussprache mit dem Rat und der Kommission zusammengefasst. Geplant war die Debatte zum Fortbestand des Schengenraumes, zum Internationalen Prinzip der Nichtzurückweisung von Schutzsuchenden und Informationen zu den drei Milliarden Euro für die Türkei. Auf Betreiben der Linksfraktion GUE/NGL wurde ein weiterer Tagesordnungspunkt in die Aussprache eingefügt: Es ging um eine Verständigung zu den anhaltenden Hass- und Gewaltverbrechen gegen Flüchtende und gegen Migrantinnen und Migranten. Grundzüge der absolut enttäuschenden fünfstündigen Aussprache hat Martina Michels für uns festgehalten.

 

Der drei Milliarden Euro Deal für die Türkei steht

Seit Mittwoch ist das Ringen um die Beiträge aus den Mitgliedsländern offenbar beendet und die Türkei wird von der EU drei Milliarden Euro erhalten, damit sie im Lande mit einer Integration der syrischen Flüchtlinge vorankommt und sie nicht gezwungen sind, die gefährlichen Fahrten übers Meer fortzusetzen. Martina hat sich nochmals zu diesem Ablasshandel, der wenig klärt, wie die Flüchtlingspolitik an den EU-Grenzen und in den europäischen Ländern weitergeht, zu Wort gemeldet.

Dieser Artikel ist zuerst auf DIE LINKE. im Europaparlament erschienen.