Martinas Woche 41 – 2018

#unteilbar 13. Oktober 2018 in Berlin mit Martina Michels und Peter Schmidt |Foto: Peter Cichorius

Brüssel – Erfurt – Berlin: Digitales Europe, Medien, Kultur, #Unteilbar gegen Rassismus, LUX-Film-Prize, Podium mit Klaus Lederer (19.10.2018)

„Ist es noch Wetter oder schon Klima?“, fragte die ZEIT vor einer reichlichen Woche. Der goldene Oktober in Brüssel lud in den Ausschusspausen zum Eis und manch Verabredung, die im Büro eintreffen sollte, wurde gebeten, sich doch besser gleich im Freien über neue Vorhaben zu verständigen. Die Schattenseiten des hochsommerlichen Herbstes werden normalerweise in Warnungen gegossen, die auf wissenschaftlichen oder politischen Spitzentreffen mit mehr oder weniger Konsequenz veröffentlicht werden, obwohl inzwischen auch die Proteste auf den Straßen, wie gestern in Paris zunehmen.

Von einer ungewöhnlichen Klimaforscherin, Physikerin und Philosophin, die jeden Tag nicht nur die Fachwelt für den Klimawandel sensibilisiert, erzählt dieser Artikel über Friederike Otto„Und ihre Geschichte ist ein Beleg für die in letzter Zeit oft gehörte Behauptung, dass der größte Fortschritt in den Wissenschaften häufig an den Rändern der Disziplinen entstehe, dort, wo sich Kompetenzen und Perspektiven überlappen.“ Friederike Ottos angewandte Forschung lässt sich in der einfache Frage verdichten: „Ist es noch Wetter oder schon Klima?“, was wir gerade erleben. Und so ganz ohne Datamining hätten sich die Antworten nicht so schnell entwickelt, wie der Artikel ganz nebenbei erzählt.

Damit sind wir beim Kulturausschuss der Woche, der in einer Marathonabstimmung über fünf Berichte auch die Stellungnahme zum neuen EU-Programm „Digital Europe“ verabschiedet hat, bei dem es im wesentlichen darum gehen soll, eigene, in Europa erschaffene Rechnerleistungen, Künstliche Intelligenz (KI), digitale Kompetenzen und mehr Cybersicherheit zu entwickeln. Dafür sollen immerhin 9,2 Mrd. Euro in die Hand genommen werden. Weiterhin gab es eine Abstimmung über den ersten legislativen Aufschlag zum Whisleblowerschutz. Überdies erinnern wir kurz an die Lage der Medienfreiheit in Europa, streifen das Treffen linker Kulturpolitiker*innen in Erfurt und waren natürlich am Samstag in Berlin bei der überwältigenden #unteilbar-Demonstration.

Digital Europe 2021 – 2027: Der Kulturausschuss stimmt seine Stellungnahme ab

Wir hatten über die Programminhalte von Digital Europe 2021- 2027 schon berichtet und mit der Stellungnahme im Kulturausschuss  und dem sehr kooperativen Berichterstatter Bruno Wenta von der EVP ist es gelungen, die Binnenmarktfixiertheit des Grundansatzes zu überwinden und einzuschreiben, dass Digitalisierung einen gesellschaftspolitischen Ansatz braucht. Am Ende des Tages bedeutet dies auch, dass die Förderung nicht nur Unternehmen, sondern öffentlichen Einrichtungen zur Verfügung stehen muss. Martina Michels hatte mit ihren Änderungsanträgen sowohl diesen Aspekt eingebracht, als auch die Position, dass es bei der Digitalisierung nicht einfach nur um eine neue Generation von Technologien geht, sondern um ganz grundsätzliche Wandlungsprozesse, die die Art, wie wir kommunizieren, lernen, arbeiten, pflegen, Geschichten erzählen u. v. m., verändert. Dieses Grundverständnis muss sich dann letztlich auch bei der Digitalen Bildung widerspiegeln. Nun müssen wir den Prozess weiterverfolgen und darauf achten, wie unversehrt die Stellungnahme der Kulturpolitikerinnen und Kulturpolitiker am Ende die Gesamtpositionierung des Plenums erreicht. Doch dazu gehen noch einige Monate ins Land, in denen uns sicherlich einige erboste Lobbyisten die Aufwartung machen werden.


Medienfreiheit unter Druck – Erste legislative Massnahmen zum Whistleblowerschutz sind auf dem Weg

Foto: Press Unit. GUE/NGL

Ein Jahr nach der Ermordung der Maltesischen Journalistin Daphne Anne Caruana Galizia wendeten sich 24 Organisationen an die Maltesische Regierung und forderten, endlich einen Untersuchungsausschuss einzusetzen, um die Täter zufassen. Anlässlich des Todestages von Daphne Caruana Galizia organisiert Reporters Without Borders/Reporters Sans Frontières  am kommenden Dienstag eine Gedenkveranstaltung in Brüssel. Doch leider gibt es noch mehr zu berichten, denn auch in anderen Ländern innerhalb Europas ist die Pressefreiheit zunehmend unter Druck. Wenigstens gibt es jetzt innerhalb der EU einen ersten legistativen Vorstoß, für den viele Abgeordnete der linken Fraktion, darunter Martina Michels, seit Jahren gekämpft haben.

Erfurt: Treffen Kulturpolitischer Sprecherinnen der Landtage, des Bundestages und der Linken Delegation in Brüssel

Altes Schauspielhaus Erfurt, Kellergewölbe | Foto: Konstanze Kriese

Wenn sich die Ständige Kulturpolitische Konferenz, die BAG Kultur der LINKEN zu einer Klausur trifft, dann ist es praktisch wenn an diese Veranstaltung gleich noch ein Treffen aller parlamentarisch aktiven Kulturpolitikerinnen und Kulturpolitiker angeschlossen wird. Es ist viel zu selten Zeit, die Fäden von Landesbibliothekskonzepten bis zur Lage der Bibliotheken in der EU-Copyrightrichtlinie zu spinnen oder eine Kulturgenossenschaft vor Ort zu besuchen, die sofort nach Europäischen Fördertöpfen fragt. An diesem Freitag und Samstag gelang es, sich für diese Brückenschläge Zeit zu nehmen, strategisch die Kulturpolitik der Linken unter die Lupe zu nehmen und festzuhalten, was uns die nächste Zeit sowieso begleiten wird und welche blinden Flecken wir deshalb endlich ausfüllen müssten. Einig waren sich die vielen kompetenten Gesprächspartnerinnen und zwei Gesprächspartner (muss wohl am Politikfeld liegen), dass die Kultur- und Medienpolitik in ihrer Tragweite, auch bei der Auseinandersetzung mit RechtspopulistInnen völlig unterschätzt wird. AfD und Umfeld oder deren Verwandte in Österreich, greifen unverhohlen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk an, wollen Geschichts- und Gedenkstättenpolitik in Schlussstrichdebatten verwandeln, definieren kulturelle Identität in Homogenität um. Sie nutzen ihre Zugänge für Ausgrenzungsideologien und sozialpolitische Abbauvorschläge, pflegen eine wirtschaftlichen Protektionismus, der die Ausbeutung des globalen Südens einfach verschweigt. 

Berlin – #Unteilbar – Solidarität kennt keine Grenzen

#unteilbar 13.10.2018 in Berlin mit Bernd Riexinger, Thomas Nord, Katina Schubert, Martina Michels, Elke Breitenbach u.a. | Foto: Peter Cichorius

Am Samstag überraschte die Zivilgesellschaft sich selbst. 242.000 Menschen kamen zur #Unteilbar – Demonstration nach Berlin, zu der über hunderte Organisationen und über 6000 Einzelpersonen aufgerufen hatten. Und so liefen Menschen, die Marx-Büsten und Einhörner hochhielten vergnügt nebeneinander, standen Familien von nebenan und politische Aktivisten dafür ein, dass sie sich nicht teilen lassen, sich keiner rassistischen Stimmungsmache ergeben und soziale und Grundrechte, lokal und global für unteilbar halten, weshalb die Kämpfe um die Sicherung aller Grundrechte auch zusammengehören. Inzwischen gibt es etliche mediale Kommentare und man wünschte sich, dass die Aufmerksamkeit für die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger, die sich nicht teilen lassen wollen in Biodeutsche und Zugewanderte, in Heteros oder Lesben und Schwule, in Mehrheit oder Minderheit, nun auch in etlichen Talkshow Gehör finden und verstärkt werden können. Etwas schnippich musste die ZEIT berichten, dass sich alle politischen Lager der demokratischen Parteien auf #unteilbar einlassen konnten, ausser die CDU und die Linken, was völliger Blödsinn ist. Denn sowohl der Parteivorstand als auch der Fraktionsvorstand der LINKEN hatten zur Demonstrationsteilnahme aufgerufen und ihre Vertreterinnen und Vertreter waren auch zahlreich gekommen. Streit mit einer der prominentesten Vertreterinnen, Sahra Wagenknecht, die ihre Teilnahme absagte, in der Unterzeile des ZEIT-Kommentars gleich der ganzen Partei anzudichten, ist gelinge gesagt unlauter und reduziert die Linke auf einen Wagenknecht-Wahlverein, was sie nun wahrlich nicht ist. Etwas genauer nahm es hier zum Beispiel der TAZ-Kommentator Christian Jakob und die Berliner Zeitung nutzte ihren Video-Report über das überwältigende Ereignis u. a., um auf Caroline Emckes Rede im Rahmen der Demonstration zu verweisen. Martina Michels, Helmut Scholz, Gabi Zimmer und Martin Schirdewan vertraten unsere Brüsseler Delegation mit vielen Berlinerinnen und Berlinern, aber auch vielen Freundinnen und Freunden, die extra zu zur Demonstration angereist waren.

Spannung:  Landtagswahl in Bayern – EU-Film Lux Prize Wettbewerb beginnt 

Am heutigen Sonntag warten wir natürlich mit Spannung auf die Ergebnisse von Söders Mondfahrt und seiner CSU und damit auf die Wahlergebnisse in Bayern und machen auch schon heute darauf aufmerksam, am Tag der Europäischen Filmkunst, dass der diesjährige EU-Film-Lux-Preis-Wettbewerb begonnen hat…

Tipp: Kultur und Politik: zwei linke Schuhe? Martina Michels und Klaus Lederer in einem Podium

Freitag, 19. Oktober 2018 18:00 Uhr 

Berlin, Rosa-Luxemburg-Saal

Europaminister Dr. Klaus Lederer (Berlin) im Bundesrat | Foto: ©DEUTSCHER BUNDESRAT

Klaus Lederer, Martina Michels und Katina Schubert – Moderation: Konstanze Kriese

Berlin ist eine der Hauptstädte der creative industries, Magnet klassischer Musik und guter Opernhäuser sowie einer bunten Clubszene. Doch wie sieht es mit Bibliotheken, bezirklicher Kulturarbeit, kultureller Bildung und dem internationalen Kulturaustausch aus? Haben alle Bevölkerungsschichten etwas von der kulturellen Vielfalt? Diese Frage steht auch europaweit: Ist Zugang zur Kultur für alle gesichert? Was fördert die EU, was überlässt sie den Mitgliedstaaten? Klaus Lederer ist seit 2016 Kultur- und Europasenator in Berlin, Martina Michels Mitglied im Kulturausschuss. Was können sie in Brüssel und Berlin bewegen, anschieben, politisch in die Debatte bringen? 

Dieser Artikel ist zuerst auf DIE LINKE. im Europaparlament erschienen.