Martinas Woche 39 – 2021: Wahlen in Deutschland – Politik in Europa

Martina Michels in Brüssel, 28.9.2021 | Foto: Nora Schüttpelz

Martina Michels, Konstanze Kriese

Kultur- und Regionalausschuss – Wahlen in Deutschland – Plattformregulierung (DSA/DMA) – Israel – Journalist*innen in Ausbildung – Ausblick aufs Plenum

Schon am vergangenen Montag hatten wir unseren Wochenrückblick mit der einfachen Frage begonnen, was die Wahlen zum Deutschen Bundestag am 26. September 2021 für Europa bedeuten. Martina eröffnete am Mittwochvormittag dann eine erste Debatte innerhalb der linken Fraktion The Left im Europäischen Parlament zum Wahlausgang. Parallel lief die Ausschussarbeit mit vielen Abstimmungen auf Hochtouren. Die Plenarwoche Anfang Oktober wirft ihre Schatten voraus und Martina diskutierte am Donnerstag zu 100 Tagen der neuen Regierungskoalition in Israel. Am Freitag dann war Martina zu Gast bei angehenden Journalistinnen und Journalisten der RTL-Journalistenschule, die wissen wollten, wie Europäische Politik entsteht und wo sie ausgehandelt wird.

Kultur wie immer in den Nebenrollen: Ausschuss positioniert sich zur Plattformregulierung (DSA/DMA)

Am vergangenen Montag, 27. September 2021, war das Abstimmungspaket in der Kulturausschusssitzung ungewöhnlich dick. Der Ausschuss verabschiedete seine Positionen zum Digital Service Act (DSA), zum Digital Market Act (DMA), zum Medienaktion-Plan der Kommission (bei allen drei Berichten war Martina die Schattenberichterstatterin für unsere linke Fraktion), zum Haushalt und der Lage der Kulturprozent*innen. Bei den beiden letzteren Abstimmungen wird die Situation durch die Corona-Pandemie noch einmal aufgerufen, da sie viele – eigentlich schon lange bekannte – Probleme, wie die schlechte Bezahlung vieler Soloselbständigen und die unsinnige und ungerechtfertigte Doppelbesteuerung von Kulturproduzent*innen, die das Arbeiten in mehreren Ländern oft bestraft statt fördert, noch einmal verschärft hatte. Wir dokumentieren in einem längeren Artikel insbesondere die Problematik der Plattformregulierung.

Brüssel: Atomium | Foto: Konstanze Kriese

Regionalausschuss schaut nach vorn: Städte nach Corona, KI und Neues Bauhaus

Nachdem in den vergangenen Monaten endlich alle neuen Verordnungen über die Strukturfonds und Sonderfonds für die Regionen auf parlamentarischer Ebene abgeschlossen werden konnten, hat der REGI-Ausschuss nun wieder etwas Luft, um Zukunftsfragen intensiver zu diskutieren. Und so steht aktuell eine Analyse der Herausforderungen für die Städte nach Corona an, ebenso wie die Debatte über die Rolle der Künstlichen Intelligenz (KI) bei der Stadtentwicklung. Beide Themen wurden in dieser Woche im REGI diskutiert.

Nachdem die EU-Kommission vor einiger Zeit die Idee für ein „Neues Europäisches Bauhaus“ vorgestellt hatte, dazu Preise ausschrieb, aber doch vage über Details und Finanzierungswege blieb, ist inzwischen ein Strategiepapier erschienen. Martina wird in den kommenden Wochen als Berichterstatterin des REGI zu diesem Thema einen Initiativbericht ausarbeiten. Alle, die sich angesprochen fühlen, sind wärmstens aufgerufen, Vorschläge, Kommentare und Kritik an uns zu senden.

Linke Fraktion im Europaparlament beleuchtet Wahlen in Deutschland

Martina Michels in der Fraktionssitzung, 29.9.2021, Brüssel | Foto: Nora Schüttpelz

In der regulären Sitzung der Fraktion The Left/GUENGL waren viele gespannt, was die deutschen Kolleginnen und Kollegen zu dem dramatisch ernüchternden Wahlergebnis der deutschen LINKEN und zu den Wahlergebnissen insgesamt in Deutschland sagen. Doch zuallererst drückten sie eine tiefe Solidarität gegenüber der LINKEN in Deutschland aus. Denn eines war klar: Am engagierten Wahlkampf hatte es nicht gelegen. Und so ging man gleich gemeinsam auf die Suche nach strategischen Fragestellungen, denn auch die Europäischen linken Parteien haben sich seit 2019 produktiv und zukunftsgewandt mit einer komplex auszuwertenden Wahlniederlage auseinanderzusetzen. Und interessanterweise kam es gleich zu Beginn der neuen Legislatur im Europäischen Parlament zu klaren Schwerpunktsetzungen und zur Bildung gemeinsamer strategischer Arbeitsgruppen, die das Politikangebot linker Parteien in Europa verbindend und profilierend gestalten sollen. Statt sich, wie schon so oft geschehen, irgendwann 2023 zu fragen, was wir in der vergangenen Legislatur eigentlich alles erreicht haben, was müssen wir unbedingt den Wählerinnen und Wählern noch einmal verdeutlichen, wird seit 2019 – leicht eingeschränkt durch Corona – in Arbeitsgruppen zur ökologischen Fragen, zum europäischen Mindestlohn, für eine andere Flüchtlingspolitik u. a. konkret gearbeitet, was sich dann auch in der parlamentarischen Arbeit oder im öffentlichen Veranstaltungsangebot der Fraktion, sei es zur Wohnungspolitik, zur Rolle der Kultur in politisch schwierigen Zeiten oder in unseren Vorschlägen zur Regulierung von großen Plattformen niederschlägt. Alle Abgeordneten in Brüssel brauchen die Rückbindung in ihre lokale Politik, aber eben auch das wertvolle Lernen voneinander, zum Beispiel innerhalb der linken Fraktion in Brüssel. Und es tut gut, von anderen gespiegelt zu bekommen, dass man gewillt ist, solch eine Wahlniederlage auch als gemeinsamen Auftrag zu verstehen, europäisch enger zusammenzuwachsen, sich zu unterstützen.

Fachgespräch zur Regierungskoalition in Israel

Martina während des Fachgesprächs am 30.9.2021 | Foto: Nora Schüttpelz

Unter dem Titel: „100 days of the new government coalition in Israel – Chances for change, Chances for peace?“ luden Martina gemeinsam mit Vertreter*innen der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Tel Aviv am vergangenen Donnerstag zu einem Fachgespräch. 

Nicht nur in Deutschland stehen Linke immer wieder vor der Frage, ob und wann der Eintritt in eine Regierungskoalition besser ist,  als eine starke, klare Oppositionsrolle einzunehmen. Die Koalition in Israel besteht jedoch aus acht Parteien, die offenbar zuerst nur einte, Netanjahu nach 12 Jahren abzulösen. Martina Michels und Nora Schüttpelz stellen uns in diesem Bericht die Protagonist*innen des Gesprächs vor, die einmal Teil der Israelischen Regierung und einmal Teil der Opposition sind und bündeln erste Ergebnisse, die die neue Regierung prägen.

Online-Gespräch mit angehenden Journalist*innen

Martina Michels im Gespräch mit zukünftigen Journalist*innen, 1.10.2021 | Screenshot: Jörg Bochmann

Am Freitagvormittag stellte sich Martina in einem einstündigen Online-Gespräch, nach einer einführenden Information über ihre Arbeit im Europaparlament, in den Ausschüssen und als Delegationsleiterin der LINKEN in der Fraktion THE LEFT, den kritischen Fragen der angehenden Pressearbeiter*innen der RTL-Journalistenschule. Das Hintergrundgespräch war Teil einer Reihe zur Vorstellung der Pressearbeit in Brüssel und Strasbourg, in der die Lernenden Einblicke in die Strukturen und Organisationsweisen der drei europäischen Institutionen, Parlament, Rat und Kommission, bekamen und danach Gespräche mit Vertretern der verschiedenen Fraktionen des EP führten. Martina berichtet nicht nur über ihre aktuelle Ausschussarbeit, sondern verwies auch auf ihre Tätigkeit als Mitglied in der Delegation des Europäischen Parlaments für die Beziehungen zu Israel und in der Delegation zur parlamentarischen Versammlung Euronest (Länder der Östlichen Partnerschaft: Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Moldau, Ukraine und Weißrussland), sowie ihre Arbeit als stellvertretendes Mitglied in der Delegation für die Länder des Südkaukasus (Armenien, Aserbaidschan, Georgien) – ein weites Tätigkeitsfeld, welches die Zuhörenden verblüffte. Ebenso erläuterte sie, wie weit und wie sinnvoll aus ihrer Sicht Europa in den Alltag aller seiner Bürger eingreift. Natürlich interessierten sich die angehenden Journalisten auch für aktuelle Ereignisse wie ihre Sicht auf den Ausgang der Bundestagswahl vom letzten Wochenende, das schlechte Abschneiden der Partei DIE LINKE dabei sowie dessen Ursachen. Martina blieb keine Antwort schuldig und betonte u. a., wie wichtig es sei, sich gegen jeglichen Nationalismus und das Aufweichen demokratischer Standards zu stemmen, was für sie für eine komplexe Berichterstattung über Europa unerlässlich ist.

Ausblick auf das Plenum in Strasbourg in der kommenden Woche

Martina MIchels im Gespräch mit ihrem Kollegen Helmut Scholz im EU-Parlament | Foto: Nora Schüttpelz

In der kommende Woche reisen die Abgeordneten erneut nach Strasbourg zu einer der beiden Plenarwochen im Oktober. Neben den Beziehungen zur USA, zu Belarus, zur Türkei kommen u. a. auch energiepolitische Themen, der Einsatz künstlicher Intelligenz bei polizeilichen Aufgaben oder die zukünftige Gestaltung der Europäischen Kreditinstitute in die Debatten und Entscheidungen des Europaparlament. Wir haben in unserem Plenarfokus wie immer schon einige Tagesordnungspunkte kommentiert und hier findet ihr die gesamte Tagesordnung der kommenden Woche. Das Europaparlament überträgt alle Debatten, genau wie die in den Ausschüssen, live.

Dieser Artikel ist zuerst auf DIE LINKE. im Europaparlament erschienen.