Martinas Woche 39 – 2020: „Bazookas“ & Nachhaltige Politik

Martins Michels zugeschaltet im Kulturausschuss, 21. September 2020 | Foto: Konstanze Kriese

Regional- und Kulturpolitik u. a. zur Pandemie-Bekämpfung – Fraktionsvorsitzendenkonferenz – Blog Urheberrecht – Friday For Future – Asylpolitik – Veranstaltungstipps

Martina Michels, Konstanze Kriese

In der vergangenen Woche tagten in Brüssel die Ausschüsse. Weltweit gingen Menschen wieder für Klimagerechtigkeit auf die Straße. In Dresden trafen sich linke Fraktionsvorsitzende aus den Bundesländern, der Bundestagsfraktion. Die Brüsseler Delegation wurde auf diesem Treffen von Martina Michels u. a. in Debatten mit Peter Bofinger und Ulrich Schneider vertreten. Viele politische Debatten haben derzeit eine ähnliche Fragestellung: Wie kommen wir aus der Corona-Krise und lösen dabei zugleich langfristige politische Ziele, sei es den sozialen Ausgleich in Europa, die Pariser Klimaziele oder mehr Bildungsgerechtigkeit. Deshalb ist der Blick auf aktuelle Kriseninstrumente, wie die geldpolitischen „Bazookas“, ein doppelter: Welche Innovationen fördern wir? Wo kommt der sozialen Ausgleich her? Wo und in welchen Formen findet die kulturelle Debatte über unser aller Zukünfte statt? 

Regionalausschuss verhandelt zu Wiederaufbaufonds und zu kommunalen Krediten

Kommunen und Regionen sollen Vorzugskredite in Höhe von insgesamt 25 bis 30 Mrd. EUR für den sozial ausgewogenen Übergang zu erneuerbaren Energien erhalten. Darüber entschied der Regionalausschuss in der vergangenen Woche eine Stellungnahme und legte zugleich fest, dass diese Kredit-Faszilität für den öffentlichen Sektor an Rechtsstaatlichkeit und Förderungen von Minderheiten gebunden sein muss. Nora Schüttpelz und Martina Michels erläutern in ihren 2. REGI-News im September diese Debatten und weitere Vergabemodalitäten des Corona-Wiederaufbaufonds.

Europäischer Kulturausschuss: Corona und Bildung – Künstliche Intelligenz & Kultur – Aussprache mit dem Vizekommissar Schinas – Bericht zur Medienfreiheit

Brüssel, Innenstadt, nahe dem Belgischen Kulturzentrum Bozar | Foto: Konstanze Kriese

In der zweiten September-Ausschusssitzung verabschiedete der Kulturausschuss nach seiner Resolution zur Erholung des Kulturbereiches während der Pandemie, der das Parlament mit 598 Stimmen folgte,  eine zweite Resolution zum Kulturbereich vor. In dieser Resolution werden nicht nur die allgegenwärtigen Rückstände in der digitalen Bildung,  die durch die Pandemie nochmal sehr offensichtlich geworden sind,  beklagt, sondern auch die sozialen Risse, die mit der Pandemie nochmal besonders deutlich wurden, wenn Kinder von Bildungsangeboten regelrecht ausgeschlossen sind. Neben dieser Resolution wurde ein Bericht zur Medienfreiheit verabschiedet und am Dienstag vormittag war der Vizekommissar Margaritis Schinas zu Gast. Eine Zusammenfassung der Debatten, beschlossenen Dokumente und der drei Redebeiträge von Martina Michels im Kulturausschuss ist hier zu finden.

Umsetzung der EU-Urheberrecht: Debattenblog online

Startseite unsers neuen Blogs in der deutschen Sprachversion | Screenshot

Wir laden zur Debatte ein, wollen informieren und neben den medial oft verhandelten Risiken auch über die Chancen der Umsetzung der EU-Urheberrechtsreform diskutieren. Dies kann ab sofort auf unserem zweisprachigen Blog (DE-EN) zur Umsetzung der EU-Urheberrechtsreform geschehen. Ja, es gibt auch Chancen bei der Umsetzung der auch von uns heftig kritisierten EU-Urheberrechtsreform. Und sie schlummern gerade dort, wo die Medien bisher eher weniger getrommelt haben, einmal bei den Ausnahmen in der Bildung, der Wissenschaft und beim Aufarbeiten des Kulturerbes. Dabei betreffen auch die Ausnahmeregelungen uns alle, ob bei der online-Ausleihe von Büchern, bei der Online-Bewerbung von Ausstellungen oder im digital gestützten Schulunterricht, bei dem wir in sicheren Umgebungen günstige Schullizenzen nutzen wollen. Diese und andere Fragen sind in der Umsetzung der umstrittenen EU-Reform längst nicht erschöpfend geklärt, denn die Mitgliedstaaten haben allerhand Spielräume, z. B. auch wie die grundsätzlich Gemeinfreiheit anerkennen wollen. Schaut einfach rein & diskutiert mit.

Fraktionsvorsitzendenkonferenz linker Abgeordneter tagt in Dresden

Martina Michels auf der 2tägigen Fraktionsvorsitzendenkonferenz, Dresden, 25./26.9.2020 | Foto: André Seubert

Am Freitag fuhren Martina Michels und unser Kollege André Seubert zum Treffen der Fraktionsvorsitzenden aus Landtagen, dem Bundestag und der linken Fraktion im Europaparlament nach Dresden. Martina war hier als Delegationssprecherin eingeladen, im Gepäck eine kurze Auswertung der angelaufenen deutschen EU-Ratspräsidentschaft, die neben dem Brexit auch den Abschluss des Mehrjährigen Finanzrahmens 2021 – 2027 auf dem Tisch hat und natürlich die Bewältigung der Corona-Pandemie. Letzteres stand ohnehin im Mittelpunkt der Debatten um politisch nachhaltige Konzepte in Ländern, dem Bund und Europa, in denen letztlich Krisenbewältigung mit dem längerfristigen sozial-ökologischen Umbau verbunden werden muss. Für die Fraktionsvorsitzendenkonferenz wurden daher auch Gäste eingeladen, einmal der Wirtschaftswissenschaftler Peter Bofinger und zum anderen der Vorsitzende des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes,  Ulrich Schneider, die aus unterschiedlichen Perspektiven die Folgen der Pandemie prognostizierten und damit den politischen Handlungsbedarf konkreter skizzierten. Unübersehbar: Mit der Corona-Pandemie ist die Schuldenbremse gelockert worden. Doch die politischen Debatten müssten unseres Erachtens darüber hinausgehen, dass dies allein ein Instrument der Krisenbewältigung ist. Staatsschulden und auch die jetzt in der EU aufgenommenen Schulden zur Krisenbekämpfung sind bisher ausgebliebene Investitionsprogramme, die letztlich wirtschaftliche Innovationen und Produktivität, aber auch gesellschaftliche Pfadwechsel, zum Beispiel in der Energiepolitik oder einer gerechten Digitalisierung, anregen können. Dafür dürfen die Kredit und Zuschussprogramme  jedoch nicht einfach Privatisierung fördern, sondern demokratisch kontrollierbar bleiben.

Moria: Das Versagen der Europäischen Asylpolitik

Wir wollen an dieser Stelle auf den Reisebericht von Cornelia Ernst aufmerksam machen, die kurz bevor die Kommission erneut Anlauf genommen hat, am vergangenen Mittwoch ihr Asylpaket vorzustellen, auf die Insel Lesbos gereist ist. Sie hat sich das neue Lager angeschaut, das die Menschen auf der Flucht nun – nach dem Brand des alten Lagers vom 8/9. September – aufsuchen sollen. Es ist eine Unterkunft ohne fließendes Wasser. Wieder sollen mehrfach traumatisierte Menschen unter unerträglichen Bedingungen ausharren, bis ihnen das gewährt wird, was rechtlich bindend ist: ein faires und schnelles Asylverfahren. Am Mittwoch legte die EU Kommission nun, nachdem der Europäische Rat über zwei Jahre die Vorschläge des Europäischen Parlaments ausgesessen hat, ihren neuen Vorschlag vor, wie die EU zur Garantie des Asylrechts zurückkehren will. Doch es fällt schwer, Begriffe wie „Abschiebepatenschaften“ überhaupt akzeptabel zu verdauen und dem Vorschlag der Kommission auch nur ansatzweise zu assistieren, dass er statt Abschiebung und Abschreckung von einem humanen Grundgedanken der Unteilbarkeit von Menschenrechten geleitet wurde. Politisch hat die Debatte also auf höchsten Ebenen gerade wieder begonnen. Ganz praktisch leiden darunter jeden Tag Menschen, die ihr Recht auf ein friedliches, geschütztes Leben wahrnehmen wollten.

Friday For Future wieder auf den Straßen: Kein Grad weiter!

In der vergangenen Woche haben sich vor allem viele junge Menschen zurückgemeldet und gingen weltweit wieder auf die Straßen, denn Pandemie-Bewältigung und ökologische Herausforderungen gehören genauso zusammen, wie ökologische Herausforderungen und feministische Politik. Weltweit stehen besonders Frauen an der Spitze der Klimaschützer*innen und werden von Konzernlobbyist*innen bekämpft, wenn sie ganze Regionen, deren Landschaft und Traditionen, die auf Nachhaltigkeit angelegt sind, verteidigen.

Auch unsere Abgeordneten und Kolleginnen und Kollegen beteiligen sich an den Demonstrationen, ob in Thüringen, Sachsen, Brandenburg, Berlin oder Brüssel.

VERANSTALTUNGSTIPPS 

1. Oktober 2020 – 18:30 Corona und danach – wird die EU die Pandemie überleben?

Online-Diskussion mit Martina Michels (MdEP) und Andreas Thomsen (Rosa-Luxemburg-Stiftung Brüssel)

Am 21. Juli 2020 haben sich die europäischen Staats- und Regierungschefs über den Europäischen Aufbauplan von 750 Mrd. Euro geeinigt. Was beinhaltet der Plan? Wer profitiert davon? Kann mit dieser Krisenbewältigungspolitik die Krise eingedämmt werden?

Die Veranstaltung wird über Facebook-Live übertragen. Über den Link kann die Veranstaltung auch im Stream angesehen werden, ohne einen eigenen Facebook-Account zu haben. Fragen können über die Chat-Funktion gestellt werden. Im Anschluss ist die Veranstaltung auf dem Youtube-Kanal der RLS Bayern zu sehen. Anmeldung: Julia.Killet@rosalux.org Telefon: +49 89 51996353 

Europäische Woche der Regionen und Städte

5 – 22. Oktober 2020 – 3 Wochen lang währt die jährliche Veranstaltung, bei der Städte und Regionen sich über EU-Regionalpolitik austauschen. In diesem Jahr muss man für die Workshops und Seminare nicht nach Brüssel anreisen, sondern alles findet online statt. Drei Themengebiete werden abgedeckt: Bürgerbeteiligung, Zusammenarbeit und Kohäsion sowie „Grünes Europa“. Zum Programm geht es hier.

Anmeldungen sind noch heute (!) – bis 27. September – online möglich.

Dieser Artikel ist zuerst auf DIE LINKE. im Europaparlament erschienen.