Martinas Woche 21/22 – 2020: Rassismus tötet – EU-Wiederaufbau ein Luftschloss

Foto: Uwe Stümke

Martina Michels, Konstanze Kriese

Unruhen in den USA & Türke – Frauen in Saudi Arabien – EU-Wiederaufbauplan – Regionalpolitik: Just Transition Fonds und Jahr der Schiene 2021

Was ist los in den USA? Nach der bestialischen Tötung des Afroamerikaners George Floyd durch Polizisten sind Unruhen in den USA bei den Protesten ausgebrochen. Der Präsident ist nicht in der Lage ein Wort der Versöhnung an die Bürgerinnen und Bürger zu richten.

Trotz und mit Corona drückt die Klimakrise auf politische Weichenstellungen. Mit den politischen Großstrategien, wie dem Green Deal der Kommission, geht es um die Durchsetzung konkreter Einzelprojekte, die Teil einer sozialverträglichen ökologischen Politik sind. Im Mittelpunkt steht hier der Just Transition Fonds, der die Konversion weg von der Kohle strukturell abfedern soll. Außerdem ist im kommenden Jahr das Jahr der Schiene und dazu hat Martina im Regionalausschuss eine Stellungnahme vorgeschlagen.

Zum Schluss schauen wir auf die Pläne, mit denen die EU-Kommission aus der Corona-Krise kommen will. 

Rassismus und staatliche Willkür tötet: Georg Floyd – Barış Çakan – Loujain al-Hathloul

Grafitti in der Matongé im Stadtteil Ixelles, Brüssel | Foto: Knstanze Kriese

Verschiedene Orte auf der Welt: Polizeigewalt, staatliche Willkür, Gewalt gegen Frauen – ein Afroamerikaner getötet, ein Kurde, der ein Lied sang, getötet, eine Frauen-Rechtsaktivistin aus Saudi-Arabien verhaftet.

Was ist los? Leider so etwas wie ein eskalierender Alltag, wie uns der „Malcom-X“ Regisseur Spike Lee zeigt. Die Bilder der Taten sind in ihrer Unmenschlichkeit und Willkür ähnlich. In den USA kommt jedoch ein Präsident hinzu, der weder Empathie noch politisches Gespür für die verfahrene Situation aufbringt, der weder mit den legitimen Protesten, noch mit den Unruhen umgehen kann und nun schon seit Wochen in einem halbwegs nachvollziehbaren Management der Corona-Krise versagt. Ansonsten ist er noch beleidigt, wenn Merkel nicht persönlich bei G7-Treffen erscheinen will. Wir finden dieses Gremium ohnehin nicht zeitgemäß.

Martina Michels, während der Plenartagung Okt.2019 | Foto: GUE/NGL – PRESS UNIT

Und wieder einmal steht eine ebenso unmenschliche Tat in der Türkei, verübt an einem Kurden, der Musik hörte, in der Öffentlichkeit. Barış Çakan spielte kurdische Musik, was hinreichend war, dass er einfach erschossen wurde. Und dies alles in diesen Tagen, wo viele um die Bandmitglieder der Group Yorum trauern. Erdoğan führt seinen offener Krieg gegen Kurdinnen und Kurden nicht nur in Nordsyrien, sondern auch weiter innerhalb der Türkei. Während der Corona-Amnestien konnten viele die überfüllten türkischen Haftanstalten verlassen. Für politische Gefangene galt dies jedoch nicht.

Europaweit gingen am Wochenende Menschen sowohl für Gerechtigkeit für George Floyd auf die Straße als auch für Barış Çakan aus Ankara.

Und schauen wir auch noch in eine andere Region: Die Feministin und Aktivistin Loujain al-Hathloul wurde in Saudi-Arabien verhaftet. „Wir sind nicht hier, weil wir Gesetze brechen wollen, sondern weil wir Gesetze machen wollen“, sagte sie und dafür landet man in Saudi-Arabien im Knast, weil Frauen keinerlei Gleichberechtigung zugestanden wird. Auch in diesem Fall sollten wir nicht so tun, als ob dies uns in Europa nichts anginge. Zum einen können wir uns für die Freilassung einsetzen, zum anderen müssen wir zeigen, dass Regierende und die Wirtschaft oft schweigen, wenn es um die Einhaltung von Grundrechten geht, oder ihre Kritik nur ganz instrumentell äußern, wenn sie im Handelsstreik oder in politischen Auseinandersetzungen gerade passend erscheint. Machen wir diese Spielchen einfach nicht mit, nicht außerhalb und nicht innerhalb Europas!

Regionalpolitik I: Just Transition Fund – die Verhandlungen beginnen

Mitte Januar 2020 stellte die EU-Kommission ihren Vorschlag für einen Fonds für einen gerechten Übergang / „Just Transition Fund“ vor. Unsere Fraktion hatte dazu eine erste Anhörung im Januar veranstaltet. (Konferenzbericht hier).  Jetzt haben wir die linken Kernpositionen zusammengetragen, da sich ökologische Wende und soziale Gerechtigkeit nicht gegenseitig auf den Füßen stehen dürfen. In der kommenden Woche beginnen nun die Verhandlungen um die Position des Europaparlaments. Martina verhandelt für unsere Fraktion im REGI-Ausschuss unsere Positionen.

Regionalpolitik II: Jahr der Schiene 2021

Die „Großdebatten“ rund um den Green Deal sind am Ende konkret und betreffen viele Bereiche, unter anderen die Verkehrswende, Fragen der Mobilität aller und Wege eines ökologischen Transports innerhalb unserer Produktionsketten. 2021 soll das Jahr der Schiene werden. Dazu hat Martina im Regionalausschuss eine Stellungnahme vorgelegt. In solch eine Stellungnahme kann man nicht alles schreiben, was man will, zumindest nicht am Anfang, sondern gibt mit wenigen Abschnitten vor, wohin die Reise, diesmal im wahrsten Sinne des Wortes, gehen soll. Dann beginnt der Prozess der Erarbeitung im Ausschuss mit den, von den anderen Fraktionen benannten Schattenberichterstatter*innen, die solange um Kompromisse streiten, bis ein Bericht zur Abstimmung gestellt wird. Dann hat der Regionalausschuss eine Stellungnahme, die in andere Ausschüsse oder zur weiteren Debatte und Annahme ins Plenum geht. Dies ist also der Auftakt und wir werden euch dann auch berichten, wie der Bericht am Ende, also einige Wochen später, aussieht. Auf jeden Fall setzen wir uns für Nachtzüge, den Ausbau regionaler Strecken und ein einheitliches Ticketsystem in Europa ein.

EU-Kommission: Der Wiederaufbauplan – ein Luftschloss?

Martin Schirdewan | Foto: Sven Serkis

Das Parlament hatte 2 Billionen gefordert und die Kommission glaubt mit 750 Mrd., also weniger als die Hälfte, aus der Krise zu kommen? „Angesichts der vom Bundesverfassungsgericht geäußerten Zweifel an der künftigen Sicherheit des Staatsanleihemarktes, brauchen wir nun größere Änderungen im EU-Vertrag, um das Mandat der EZB zu ändern und den Stabilitäts- und Wachstumspakt ein für alle Mal zu beenden. Die Linksfraktion im Europäischen Parlament fordert deshalb zur Stärkung der Einnahmeseite eine konsequente Einführung einer Digitalsteuer, eine Transaktionssteuer, die ihren Namen verdient und eine einmalige Vermögensabgabe des reichsten ein Prozent der Bevölkerung der EU.“ fordert Martin Schirdewan, unserer Fraktionsvorsitzender angesichts des Wiederaufbauplans der Kommission. Unsere Fraktion hatte schon Mitte Mai einen eigenen, detaillierten Wiederaufbauplan vorgelegt.

Dieser Artikel ist zuerst auf DIE LINKE. im Europaparlament erschienen.