Martinas Woche 18 – 2016

8. Mai – Tag der Befreiung – Tag der Pressefreiheit – Neues vom Schlingern der EU – Appell gegen Rassismus

8. Mai – Cпасибо, Thank you, Merci – Tag der Befreiung

Der 8. Mai ist für uns der Tag der Befreiung vom Faschismus – einem Faschismus, der sich nationalsozialistisch nannte, der mit seinen entsetzlichen Vernichtungspraktiken, gipfelnd im Holocaust an Jüdinnen und Juden, halb Europa verheerte, der unter riesiger Kraftanstrengung bezwungen wurde, der im Kalten Krieg geteilt und in Stückwerken aufgearbeitet, verdrängt, relativiert und erinnert wurde und wird. Der 8. Mai 2016 steht gegen Schlussstrich und Vergessen.

Gestern stellten sich Tausende in Berlin Nazis in den Weg. Humanität und Demokratie kommen nicht von selbst wie der Frühling. Sie sind trotz der geschichtlichen Erfahrungen Europas mit Hitlerdeutschland bedroht – in Europa und weltweit. Linke in Deutschland fordern, den 8. Mai zu einem bundesweiten gesetzlichen Gedenk- und Feiertag zu machen – wohl wissend, dass dieses Gedenken ein europäisches Anliegen ist, das eine konfliktbeladene Nachbarschaftspolitik der EU, das europäische Versagen beim Umgang mit Flüchtlingen und mit den inneren und globalen Herausforderungen in einen geschichtlichen Zusammenhang stellt und vor den Folgen eines Scheiterns eines friedlichen, sozialen und demokratischen und weltoffenen Europas warnt.

Türkei: Presseerklärung mit Folgen – Vorauseilende Kooperation der EU-Kommission

„Die Türkei hat mehrfach unmissverständlich die Visabefreiung ihrer Bürgerinnen und Bürger für die EU an den Flüchtlingsdeal mit der EU geknüpft. Diese Verquickung allein ist absurd genug …“ Warum? Das erläuterte Martina am Mittwoch in einer Presseerklärung. Danach überschlugen sich die Ereignisse, und am Freitag erklärte der türkische Ministerpräsident Davutoğlu seinen baldigen politischen Rückzug von der Parteiführung und Regierungsspitze.

Es vergingen nur wenige Stunden bis zur unmissverständlichen Ansage von Präsident Erdoğan, dass er wesentliche Punkte des EU-Türkeiabkommens zur Rückführung von Flüchtlingen, das ohnehin menschen- und völkerrechtlich fragwürdig ist, nicht erfüllen wird. Es geht um die Antiterrorgesetzgebung der Türkei, die internationalen rechtsstaatlichen Normen angepasst werden sollte. „Ihr geht euren Weg, wir unseren, sagt der Staatschefs des Schlüsselpartners zur EU. Er sei von Terroristen umgeben und andere könnten nicht einschätzen, was die angemessene Antwort darauf ist.

Damit steht das EU-Türkei-Abkommen nun auch von türkischer Seite auf wackligen Beinen. Die kommende Plenumswoche in Straßburg wird sich damit beschäftigen müssen.

3. Mai – Internationaler Tag der Pressefreiheit

An diesem Tag hatte Martina u.a. erklärt, was der Internationale Tag der Pressefreiheit mit Netzneutralität und Bildungsangeboten zu tun hat, und präsentierte einen Online-Wegweiser der Delegation, mit dem man unkompliziert in europapolitische Debatten einsteigen kann.

Die Nachrichten dieser Woche haben nochmals den Fokus auf die Lage von Journalistinnen und Journalisten weltweit gelegt. Der Chefredakteur der türkischen Zeitung „Cumhuriyet“, Can Dündar, bekam dafür, dass er journalistisch recherchierte und informierte, eine fast 6-jährige Freiheitsstrafe, weil dies in den Augen des Türkischen Staates eine Straftat darstellt. Obendrein wurde vor dem Gerichtsgebäude auf ihn geschossen. Auch wenn er unverletzt bliebt, ist diese Unsicherheit, die Existenz, Leib und Leben bedroht, unerträglich und verlangt nach großer internationaler Öffentlichkeit, dem beinahe letzten Schutzschild gegen derartige Repressalien.

Himmelfahrt – Omatag – Muttertag

Und wenn Ihr glaubt, Linke bekämen nicht mit, was so von Donnerstag bis Sonntag sonst noch passierte, habt Ihr Euch gründlich getäuscht. Nun müssen wir nicht alles im Wochenrückblick ausbreiten, was uns so zum Himmelfahrtstag einfällt und zu den Ritualen, ihn zu begehen. Für Christen ist er wichtig, für viele Familien ein willkommer Tag für Ausflüge und Begegnungen – ganz ohne die Besäufnisse und Schlägereien, die in der Berichterstattung plötzlich ohne „ethnische Kennzeichnung“ der Beteiligten auskommen.

Am Samstag hatte sich Martina samt Enkelin aufgemacht, um mit Genossinnen und Genossen aus Berlin-Lichtenberg auf den „Tierpark für alle“ aufmerksam zu machen. Bestimmt wird dem noch ein längeres Gespräch mit ihrem Fraktionskollegen, dem Tierrechtler Eck, folgen. Solche Debatten gehören dazu, auch über Tierparks, und sind oft produktiv.

Nun zum Muttertag. Der schleift eine so schwierige –kommerzielle und von den Nazis ideologisch vereinnahmte – Geschichte mit sich, dass ihn selbst seine Erfinderin, die US-Amerikanerin Ann Maria Reeves Jarvis, am liebsten wieder abschaffen wollte. Heute freuen sich über ihn wohl vor allem die Blumenhändler.

Also, schönen Sonntag und guten Wochenstart Euch allen – mit Geschichte im Gepäck, hoffentlich erholt und mit Kraft für die liegengebliebenen und neuen Aufgaben! Unser Team ist nächste Woche wieder zwischen Straßburg, Brüssel und Berlin aktiv.

Ein Streiflicht von der re:publica 2016: „Organisierte Liebe“ – ein Appell von Kübra Gümüşay, sich gegen den Hass im Netz zu organisieren

Wer noch nicht genug hat vom Wochenrückblick, kann gleich mit einem 20-minütigen Video von der re:publica starten, das einmal mehr zeigt, dass das Netz neben all seinen Eigenheiten auch immer ein Spiegel der ganzen Gesellschaft ist. Hier also ein Aufruf gegen Rassismus und „Hate speech“ im Netz und im Alltag, ein berührender Appell, sich zu organisieren: Die Rede der Bloggerin Kübra Gümüşay im Video.

Dieser Artikel ist zuerst auf DIE LINKE. im Europaparlament erschienen.