Martinas Woche 17 – 2016

Portabilität – Urban Agenda – Erdoğans Standleitung nach Europa – Basken in Brüssel – Europapolitische SprecherInnen in Berlin – 1. Mai

Und noch mal tagte der Kulturausschuss (CULT), wurde unsere Fraktion von baskischen Linken besucht, ist Neues von einem Lieblingskind der Kommission – der städtischen Dimension der Politik – zu berichten, hatte sich EuranetPlus nach Erdoğans Klageflut erkundigt und Freitag tagten in Berlin die europapolitischen SprecherInnen. Dann fiel der 1. Mai auf einen Sonntag, was für Beschäftigte in Deutschland immer noch heißt: Sie gehen am Montag wieder arbeiten. Doch das müsste nicht so sein …

Heute fangen wir einfach mal von hinten an: nämlich beim Tag der Veröffentlichung von Martinas Woche, beim

1. Mai 2016 – Soziale Frage endlich global auf die Tagesordnung setzen

So vieles wäre zum 1. Mai zu sagen, zum Beispiel, dass in vielen europäischen Ländern, in denen dieser erkämpfte Feiertag auf einen Sonntag fällt, er dann am darauffolgenden Arbeitstag der werktätigen Bevölkerung als freier Tag zurückgeben wird. So ist es längst in Spanien, Großbritannien, Luxemburg und Belgien. Doch es ist auch ein Tag, um einmal grundsätzlich, ernsthaft und politisch über freie Zeit zu reden, und das haben wir hier getan.

Drei Wunder und der Kampf um den Frieden im Baskenland

In dieser Woche blickt die interfraktionelle „EP-Freundschaftsgruppe zur Unterstützung des Friedensprozesses im Baskenland“ auf ihr zehn jähriges Bestehen zurück. Die Würdigung der Arbeit und der erreichten Fortschritte war den hier engagierten Europaabgeordneten eine kleine Feier wert. Drei kleine politische Wunder sollen hier erwähnt und genauer erläutert werden. 2011 beendete die ETA den bewaffneten Kampf. Es gibt eine linke baskische Partei mit einem Abgeordneten im Europaparlament und deren Generalsekretär, Arnaldo Ortegi, sprach letzte Woche im Europäischen Parlament.

Die Urban Agenda der Europäischen Union ist in aller Munde, doch auf dem sozialen Auge blinzelt sie bisher nur …

Martina Michels ist für die Linksfraktion GUE/NGL Schattenberichterstatterin zum Thema EU-Stadtpolitik. Der Startschuss für die Umsetzung der stadtpolitischen Strategie „Urban Agenda“ im „Pakt von Amsterdam“ ist für den 30. Mai 2016 in Amsterdam geplant. Im vergangenen Jahr hatte sich Martina Michels aktiv an der Erarbeitung der Agenda durch Änderungsanträge zum Bericht der Sozialdemokratin Kerstin Westphal beteiligt. Wir hatten mehrfach berichtet. Und nun fällt demnächst der große symbolische Startschuss. Das „Parliament Magazine“ hat in diesem Zusammenhang Positionen der verschiedenen Fraktionen in einem kleinen Artikel zusammengefasst, der hier in englischer Sprache zum Abruf bereit steht und etwas ausführlicher durch Martina Michels und Nora Schüttpelz hier erläutert wird.

Kultuausschuss begann über die Portabilitätsrichtlinie zu diskutieren

Eigentlich wäre vom Fleiß des Kulturausschusses (CULT) gar Vieles zu berichten. Er tagt derzeit immerhin im Wochentakt. Doch wir belassen es hier beim Hinweis auf einen einzigen Punkt und werden an anderer Stelle ausführlicher die derzeitigen Debatten und Beschlüsse kommentieren. Am vergangenen Montag stellte die konservative Abgeordnete Sabine Verheyen ihre Stellungnahme zur Portabilitätsrichtlinie der Kommission vor, die derzeit in der Ausschussdebatte ist. Martina ist dazu als Schattenberichterstatterin aufgerufen, mit Änderungsanträgen in die Debatte einzugreifen. Nun ist die Portabilitätsrichtlinie der Kommission de facto der Bettvorleger für das große offene Thema: Geoblocking.

Ja, es ist wichtig, verbraucherschutzfreundliche Regelungen zu finden, damit Menschen, die schon Film- oder Muskilizensen in einem EU-Land erworben haben, diese auch bei Arbeit und Urlaub in einem anderen Land mitnehmen können. Das geht nicht stundenweise, wie sich das die Kommission mal kurzzeitig ausdachte, sondern ist tatsächlich grundsätzlich zu regeln, und zwar schnell. Doch alle Fragen zum grenzüberschreitenden Wissenszugang – auch außerhalb des individuellen Lizenzerwerbs – sind damit unbeantwortet, also Fragen von Bildung und Forschung, Lehre und Ausbildung, zum Beispiel für moderne Bibliotheken, die auch Zugang zu elektronischen Medien jeder Form bieten. Und ein weiteres Mal bleibt der Urheberrechts-Hickhack in den 28 Europäischen Ländern unangetastet – dieser Brocken, der eigentlich mal harmonisiert werden sollte, verschwindet langsam von der Agenda und soll wohl nie wieder gehoben werden… Wir werden zu dieser Entschließung in Kürze ausführlich berichten. Am 11. Mai 2016 muss sich der Kulturauschuss zumindest vorläufig positionieren.

 

Erdoğans Standleitung nach Europa. Ein Interview mit Euranet Plus

„Festgesetzte europäische Journalisten, Beschwerden an Kunst, Musik und Satire, Strafanzeigen – der türkische Präsident Erdoğan scheint eine Standleitung für seine permanenten Beschwerden nach Europa aufbauen zu müssen. Kritik? Nicht erlaubt … Was Erdoğan derzeit verstärkt in der Europäischen Union versucht, ist in der Türkei schon lange Alltag. Der Präsident verbietet allen den Mund, die zu unbequem sind – die Grundlage dafür hat er schon vor langer Zeit gelegt, sagte uns die Linken-Europaabgeordnete Martina Michels …“ Das ganze Interview, das Urte Modlich von Euranet Plus führte, ist hier zu hören.

Europapolitische Sprecherinnen und Sprecher in Berlin

Am Freitag tagten die Europapolitischen Sprecher in Berlin. Zu Beginn gab es einen Austausch zu den Folgen des EU-Türkei-Deals. Danach wurde die neue Fördermittelwebsite unserer Delegation vorgestellt – etwas, was besonders in den Ländern nachgefragt werden wird. Es gab auch eine kleine Information zur aufblitzenden Mediennachricht, die EU finanziere Naziorganisationen. Mit solchen Finanzierungen verhält es sich ähnlich wie mit der Parteienfinanzierung in Deutschland, nur dass es hierbei um parteinahe Stiftungen ging. Kurz: Wer gewählt ist, hat Anspruch auf derartige Förderungen. Klar, das gefällt uns nicht. Doch wir ertragen aufgrund des Wählerwillens auch Udo Voigt und andere Rechtsextremisten im Europaparlament und in den Ausschüssen. Nachhaltig sind derartige Parteien und ihr Umfeld nur politisch zu bekämpfen.

Die gesamte Beratung zeigte dann: Egal ob über das Referendum in den Niederlanden, den drohenden „Brexit“ oder die EU und die Flüchtlingspolitik gesprochen wurde – die Debatte kehrte immer wieder zum Demokratiedefizit in der europäischen Politik zurück. Die anwesenden Europapolitikerinnen und -politiker betonten auf unterschiedliche Art und Weise, dass DIE LINKE. diesen Zugang in Verbindung mit der sozialen Frage aufgreifen und konkretisieren muss. Nicht ganz unerheblich ist diese Sichtweise letztlich auch für entstehende Programme zu den Bundestags- und Europawahlen und für politische Strategien, sich mit der AfD auseinanderzusetzen.

Dieser Artikel ist zuerst auf DIE LINKE. im Europaparlament erschienen.