Martinas Woche 13/14 – 2023

Energiepolitik der Fraktion The Left | Foto: Anja Stiedenroth

Klima-Sozialfonds, alternative Energiepolitik, Kreatives Europa

Klima-Sozialfonds – Plenum – Regional- und Kulturpolitik – Power to the People (Gastbeitrag von Markus Pohle) – Creative Europe

Martina Michels, Konstanze Kriese, Jörg Bochmann

Noch vor Ostern traf sich Martina in Magdeburg mit interessierten Bürgerinnen und Bürgern auf einen langen und intensiven „Oster-Kaffee“. Die vergangenen Woche stand im Zeichen der Vorbereitung der kommenden Plenartagung, die mit vielen Themen zur Energiepolitik, zur Geldpolitik, zum Verhältnis der EU zu China und vielem mehr ausarten wird.

Wir konnten am Mittwoch und Donnerstag viele Aktivistinnen und Aktivisten für alternative energiepolitische Konzepte in unserer Fraktion bei einer zweitägigen Konferenz begrüßen, die dieses Politikfeld zum Kampagnen-Schwerpunkt unter dem Label „Power to the people“ gemacht hat.

Parallel tagten Ausschüsse, denn inzwischen beginnen die Halbzeitbilanzen vieler EU-Förderprogramme, die im Rahmen des Mehrjährigen Finanzrahmens von 2021 bis 2027 angelaufen sind. In dieser Woche gab es deshalb am Donnerstagvormittag eine Aussprache mit fast 20 Organisationen von Künstlerinnen und Künstlern, die sich mit dem Funktionieren des Programms „Kreatives Europa“ auseinandersetzten.

Ausblick auf die kommenden Plenarwoche

Martina Michels im Plenarsaal, Janaur 2023 | Screenshot

In der kommenden Woche stehen mehrere interessante und wichtige Debatten in Straßburg an. Es wird nicht nur der Emissionshandel auf den Prüfstein gestellt. Es geht auch erstmalig in der EU-Politik um ein Paket, dass Bürgerinnen und Bürgern, die von Energiearmut betroffen sind, direkt erreichen soll. Die Verordnung zum Klima-Sozialfonds wurde schon im vergangenen Jahr im Juni 2022 vom Parlament verabschiedet. Nun haben sich die Kommission und der Rat mit dem Parlament endgültig geeinigt und es wird ernst. Die Mitgliedstaaten müssen nach Rücksprache mit lokalen und regionalen Behörden, Wirtschafts- und Sozialpartnern sowie der Zivilgesellschaft „Soziale Klimapläne“ vorlegen. Die Pläne sollten Energie- und Mobilitätsarmut bekämpfen und könnten tatsächlich direkte Einkommensstützungsmaßnahmen, z. B. steuerliche Anreize, Gutscheine und Subventionen enthalten, als auch langfristige Investitionen in Gebäudesanierung oder erneuerbare Energien oder den Umstieg vom Individualverkehr auf den ÖPNV stützen. Die Verordnung zum Klima-Sozialfonds ist Teil des breiter aufgestellten Fit for 55-Pakets.

Mit großem Interesse wird sicherlich auch die Debatte zu den Beziehungen der EU zu China erwartet, die am Dienstagvormittag geführt wird. Am Mittwoch wird erneut der russische Angriffskrieg auf der Tagesordnung sein und am Donnerstag wird Martina im Rahmen einer Anfrage an die Kommission zur regionalpolitischen Dimension der Beihilfevorschriften der EU sprechen, die mit der Neuausrichtung der Industriepolitik der EU – auch als Antwort auf die US-amerikanische Reaktion auf die Inflation (Inflation Reduction Act) – auf dem Prüfstand steht. In einer der vorangegangenen Ausgaben von Martinas Woche hatten wir jedoch schon kritisiert, dass es nicht reichen wird, Beihilfevorschriften zu entbürokratisieren und damit zu vereinfachen. Dies ist keine Basis für ein umfangreiches Investitionsprogramm, um den gesellschaftlichen Strukturwandel und die damit verbundenen Umbauten in wirtschaftlichen Schlüsselbereichen zu stemmen. In diesem Zusammenhang möchten wir an dieser Stelle auf das interessante Interview mit der Fraktionschefin der Europäischen Grünen Fraktion, Terry Reinke, verweisen, welches das „Neue Deutschland“ mit ihr führte. Dort antwortet sie z. B. auf folgende Feststellung: „…Die EU-Zukunftskonferenz hatte es auch in den Koalitionsvertrag der deutschen Ampelregierung, an der die Grünen beteiligt sind, geschafft. Inzwischen scheinen Reformen der EU nicht mehr so sehr im Fokus der Bundesregierung zu stehen. Und beim Verbrenner-Aus gab es sogar Störfeuer aus Berlin, zumindest vom Bundesverkehrsminister.“

„Beim Verbrenner-Aus waren wir mit unseren Grünen-Kolleg*innen aus Berlin sehr eng zusammen. Aber ja, das Hin und Her von Deutschland in dieser Frage war eine sehr schlechte Performance und hat hier in Brüssel wahnsinnig viel Porzellan zerschlagen. Aber ganz offen: Ich habe wirklich sehr viel Kritik an der französischen Regierung. Doch im Élysée-Palast gibt es eher das Bestreben, auch mit bestimmten Vorschlägen einfach mal voranzugehen. Im zweiten Schritt wird dann geschaut, wie dafür Mehrheiten organisiert werden können. Aus dem Kanzleramt habe ich öfter die Wahrnehmung, man schaut erst einmal, was ist möglich. Erst dann wird moderiert und erneut geschaut, wie viele Staaten sich hinter einem Vorschlag versammelt haben. Wenn es genug sind, kann Deutschland mitgehen. Ich wünsche mir aber bei solchen wichtigen Fragen, wie wir die Europäische Union weiterentwickeln können, gerade aus dem bevölkerungsreichsten EU-Mitgliedsland klarere Positionierungen. Immer nur eine Moderator*innenrolle reicht nicht aus.“

Wer die gesamte Tagesordnung der kommenden Plenartagung auf einen Blick haben wollt, schaut hier nach und findet auch auf der Homepage des Europaparlaments die Links zu den gestreamten Plenardebatten.

Die Energiepolitik-Konferenz von The Left | Foto: Anja Stiedenroth

Power to the people – Die Linksfraktion diskutierte eine Kampagne für eine alternative Energiepolitik in Europa und in den Regionen – Ein Gastbeitrag von Markus Pohle (Leipzig)

Im Rahmen der „Power to the People“ Kampagne der europäischen Linksfraktion kamen am 12. und 13. April 2023 Teilnehmer:innen aus der ganzen Europäischen Union zusammen, um über die Zukunft der Energieproduktion zu diskutieren. Unter dem Leitsatz „Building together a new energy model“ standen in verschiedenen Formaten die Eckpfeiler einer ökologisch und sozial vertretbaren Transformation zur Debatte.

Der erste Teil der Veranstaltung widmete sich in einem Workshop der Frage, ob und wie der Energiesektor wieder in die öffentliche Hand gebracht werden kann, damit die Durchsetzung ökologischer Standards nicht durch die Profitlogik des Marktes, sondern durch Planung und Notwendigkeit erreicht werden kann. Ein weiterer Workshop erörterte, wie und mit welchen Akteuren eine gesellschaftliche Mobilisierung gelingen muss, die dieses Ziel einerseits als soziale Bewegung auf die politische Tagesordnung setzt, es aber in der Folge auch in reale Politik umsetzen kann. Am zweiten Tag des Events eröffneten fünf Mitglieder der Fraktion eine mehrstündige Debatte aller Teilnehmenden zu den Themen Besteuerung, den Folgen der Privatisierung und der Rolle von Extraktivismus und neokolonialer Abhängigkeiten, welche mit unserem globalisierten Rohstoffmarkt Hand in Hand gehen. Das Teilnehmendenspektrum reichte dabei von Gewerkschaftsvertreter:innen über zivilgesellschaftliche Akteure bis hin zu Bewegungsvertreter:innen. Die Breite dieses Spektrums hat gut abgebildet, dass der Weg hin zu einer Energiewirtschaft in unseren planetaren Grenzen alles andere als widerspruchsfrei sein wird.

Die Herausforderungen sind gigantisch und die Interessenlagen deutlich diffuser, als man auf den ersten Blick zu erahnen vermag. Dies liegt nicht zuletzt an den verschieden ausgeprägten Oligopolen, welche die derzeitige Energieproduktion in den Mitgliedsländern bestimmen, und den entsprechend verschiedenen notwendigen Strategien und Programmen, mit denen man deren wirtschaftlicher und politischer Macht begegnen muss. Die große Bandbreite der notwendigen Veränderungen konnte an vielen Stellen nur grob umrissen werden.


Trotzdem bot die Konferenz einen wichtigen kommunikativen Raum für Vernetzung und Erfahrungsaustausch, der gerade aufgrund der verschiedenen politischen Realitäten der vertretenen Akteure bitter nötig ist, wenn man den Weg hin zu einer sozialen und ökologischen Energieversorgung gemeinsam gehen will.
 

Kreatives Europa: „Als ob es keine Pandemie, keine Inflation, keine Energiekrise gäbe…“

Halbzeitauswertung „Kreatives Europa“ | Foto: Konstanze Kriese

Wie funktioniert das kleine feine europäische Kulturprogramm Creative Europe? Die Halbzeitauswertung hat begonnen. Viele Organisationen von Komponisten, Literaten und anderen Künstler*innen ergriffen das Wort in einer Anhörung, die die Halbzeitauswertung des Programms „Kreatives Europa“ anpacken soll. Die Kritiken der Antragstellerinnen und auch Nutzer des Programms begannen oft mit den Hinweisen, dass die Kommission so tut, „als ob es keine Pandemie, keine Inflation, keine Energiekrise gäbe…“. Die anderen Kritiken gelten eher als Klassiker der Förderpolitiken. Einmal mehr wurden die komplizierten Antragsprozesse, die Ko-Finanzierung und die unpassenden Bericht-Tools, die vom Programm Horizon geborgt sind, aber auf dieses Programm gar nicht passen, angesprochen. Aber es gab auch Anerkennung und Dankbarkeit für den Einsatz der Kulturpolitikerinnen und Kulturpolitiker des Europaparlaments. Denn durch das auf 2,2 Milliarden Euro gewachsene Programmbudget konnten wirklich mehr Veranstaltungen stattfinden und zwar europaweit und mit hoher Ausstrahlung, zum Beispiel bei Festivals oder Kunstbegegnungen im Rahmen von Preisen, wie dem Lux-Filmpreis, den es auch dieses Jahr im Juni wieder geben wird. Doch weiterhin ist es für kleine Gruppen schwer, Unterstützung zu beantragen und für Individuen ist es bis heute Gänzlich und möglich, was aber dem Kulturbereich nicht angemessen ist. Der Halbzeit-Bericht soll im September vorgelegt und im November 2023 im Kulturausschuss abgestimmt werden.

Magdeburger Ostercafé mit politischen Überraschungen

Ostercafé In Magdeburg | Foto: Peter Cichorius

Am Mittwoch vor dem langen Oster-Wochenende luden Nicole Anger und ihr Team und Martina Michels in ihr gemeinsames Wahlkreisbüro in Magdeburg zum Ostercafé ein. Viele Interessierte nutzten die Einladung in die österlich geschmückten Räume in der Ebendorfer Straße 3, vor allem auch junge Leute. Souverän moderiert von Gritt Kumar, Mitarbeiterin von Nicole, stellten sich Martina, Dr. Rosi Hein und Karsten Stöber, Mitarbeiter der Landtagsfraktion, einer zweieinhalbstündigen Diskussion und es wurden dabei wirklich heiße Eisen angepackt. Über die politischen Themen im Landtag und in Brüssel wurde auch analytisch die Lage der Partei angepackt. Einig war man sich, dass ein Erstarren in Formelkompromissen nicht weiterbringt, weil dies in keiner Weise einen Gebrauchswert linker Politik in der Gesellschaft sichtbar macht. Hinsichtlich einer Neuaufstellung der Partei gab es unterschiedliche Ansichten, was zugleich die Frage provozierte, wie weit der immer postulierte Pluralismus innerhalb der Partei gehen kann und wo er in Unkenntlichkeit der politischen Profilierung umschlägt und die Partei in entscheidenden gesellschaftlichen Auseinandersetzungen inmitten einer Energiekrise, einer sozialen und einer Demokratiekrise sowie auch in friedenspolitischen Konzepten kaum noch wahrgenommen oder schlimmer noch als zerstritten erlebt wird. Die muntere Debatte zeigte, dass man mit einem Blick nach vorn gut und produktiv über Verschiedenheiten diskutieren kann und klare Politik für die kommenden Wahlen in den Kommunen und in Europa vorlegen muss. Darin waren sich alle einig. Noch lange nach der interessanten Runde gab es persönliche Gespräche und freundliche Begegnungen im Ostercafé von Nicole und Martina.

Dieser Artikel ist zuerst auf DIE LINKE. im Europaparlament erschienen.