Sonderklagerecht für Investoren

Parlament ermöglicht Sonderklagerecht für Investoren…

Kurz vor Beendigung der Legislaturperiode hat das Europäische Parlament noch einmal Tatsachen geschaffen: So wurde (gegen die Stimmen von Linken und Grünen) eine Verordnung beschlossen, durch die das Verfahren bei künftigen Klagen von Konzernen gegen neue Gesetze der EU oder ihrer Mitgliedstaaaten geregelt wird. Damit wurden Regelungen vorweg genommen, obwohl erst wenige Tage zuvor ein öffentliches Konsultationsverfahren zum Konzernklagerecht in Handelsabkommen wie dem Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP) oder mit Kanada (CETA) eröffnet wurde. In dieser Konsultation werden die Bürger und die Öffentlichkeit befragt, ob sie ein Investor-gegen-Staat Streitbeilegungsverfahren (ISDS) überhaupt wollen. Aber zeitgleich dazu hat nun das Parlament bereits ein Gesetz zur Umsetzung von ISDS beschlossen. Das macht die Konsultation schon zur Makulatur bevor sie begonnen hat.

Selbst die EU- Kommission hat schon angekündigt, ihren Ansatz zu ISDS grundsätzlich zu überarbeiten, um nicht mit Klagen überrollt zu werden. Die nunmehr beschlossene Verordnung verfestigt ein veraltetes Modell, welches hohe Kosten für die EU und ihre Mitgliedstaaten nach sich ziehen könnte.

Hintergrund:

In den ISDS-Verfahren können Konzerne gegen neue Gesetze oder Regulierungen klagen, wenn sie durch diese ihre Gewinnerwartungen gefärdet sehen.
Über die Klage entscheidet dann kein nationales oder europäisches Gericht, sondern ein „Tribunal“ aus drei Fachanwälten für Investitionsrecht.
Gegen deren Urteil ist keine Revision möglich.
Staaten wie Kanada, Australien, Ecuador oder Südafrika haben mit solchen Verträgen bereits schlechte Erfahrungen gemacht und wurden zum Teil zu Entschädigungszahlungen in Milliardenhöhe verurteilt. Daraufhin beschlossen die Regierungen der letzteren drei, nie wieder Verträge abzuschließen, die ISDS beinhalten.
Die neue EU-Verordnung regelt, ob EU-Kommission oder Mitgliedstaat in einem Verfahren als Beklagte auftreten, wer die Kosten trägt und für Schadensersatzansprüche aufkommt. Sie gibt der Kommission auch das Recht, Mitgliedstaaaten unter Umständen anzuweisen, einen Vergleich zu akzeptieren.
Nach langen Verhandlungen hatten sich eine Mehrheit im Rat und im Parlament auf den Gesetzestext geeinigt. Die Kommission drängte auf ein Ergebnis noch vor den Europawahlen, da die Verordnung für sie Voraussetzung ist, um in aktuellen Verhandlungen über Freihandelsabkommen ein Investorenschutzkapitel mit ISDS- Verfahren festzuschreiben.