Plenarfokus März – 2024

Vorschau auf die Plenarwoche des Europäischen Parlaments vom 11. bis 14. Februar 2024 in Straßburg

Özlem Alev Demirel, Cornelia Ernst, Martina Michels, Martin Schirdewan, Helmut Scholz

Pressekonferenz
der Ko-Vorsitzenden der Fraktion THE LEFT:

Martin Schirdewan (Die Linke) & Manon Aubry (La France Insoumise)

Dienstag, 12. März 2024, 11.30 Uhr
EP-Pressesaal ‚Daphne Caruana Galizia’

(LOW N-1/201)
                                                              Livestream / Livestream

 Cornelia Ernst, MdEP, digitalpolitische Sprecherin von Die Linke im EP:

‚KI-Gesetz‘

Debatte Dienstag, 12. März, ab ca. 14.30 Uhr – Abstimmung Mittwoch, 13. März, ab 12 Uhr

Die EU-Verordnung zur Regulierung von Künstlicher Intelligenz wäre eine echte Chance gewesen, weltweite Standards für den Umgang mit KI zu setzen. In einigen Punkten ist die Verordnung durchaus positiv zu bewerten: So werden die Mitgliedstaaten explizit dazu aufgefordert, Gesetze zu erlassen, um einen stärkeren Schutz für Arbeitnehmer*innen zu gewährleisten, wenn KI am Arbeitsplatz eingesetzt wird. Leider hat das Parlament in den Verhandlungen aber essentiell wichtige Elemente nicht durchsetzen können. Das vom Parlament beschlossene Verbot von Echtzeit-Gesichtserkennung im öffentlichen Raum wurde durch eine lange Liste von Ausnahmen praktisch gekippt. Außerdem wird die KI-Verordnung Emotionserkennung, also Hokuspokus wie Polygraphen und prädiktive Polizeiarbeit, zulassen. Zwar gelten diese Systeme als hochriskant, verboten werden Sie durch die Verordnung aber nicht. Das ist eine verpasste Chance.

– Helmut Scholz, MdEP, verfassungspolitischer Sprecher von Die Linke im EP:

‚Reformen vor der Erweiterung und politische Überprüfungen‘

Debatte Dienstag, 12. März, ab 15 Uhr

Nachdem die Kommission im Dezember die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine und Moldau empfohlen und Georgien den Kandidatenstatus zuerkannt hat, hat im Februar das Parlament seine Position zur anstehenden Erweiterung beschlossen. Der vom Auswärtigen und Verfassungsausschuss erarbeitete Bericht betont die Notwendigkeit, die EU selbst durch institutionelle Reformen auf eine Erweiterung vorzubereiten. Besonders die Abkehr vom Einstimmigkeitsprinzip im Rat wird hervorgehoben. Leider bleiben viele weitere Themen aber unterbelichtet: Die künftige Finanzierung und Ausgestaltung des EU-Budgets unter Herausarbeitung der sozialen Dimension sowie eine Neuausrichtung der Gemeinsamen Agrarpolitik und Kohäsionspolitik sollten eine größere Rolle spielen, um prekären Regionen eine Chance auf Wiederaufbau und Transformation zu geben. Wir erwarten, dass die Kommission sich in ihrer Stellungnahme konkret und mit zeitlichen Vorgaben zu diesen Herausforderungen äußert.

– Helmut Scholz, MdEP, handelspolitischer Sprecher von Die Linke im EP:

‚Zwangslizenzierung für Krisenmanagement‘

Debatte Dienstag, 12. März, ab ca. 20 Uhr – Abstimmung Mittwoch, 13. März, ab 12 Uhr

Der Gesetzesvorschlag zu unionsweiten Zwangslizenzen birgt das Potential, die EU krisenfester zu machen, indem Produkte, die mit Zwangslizenzen hergestellt wurden, auf dem Binnenmarkt zirkulieren können und nicht mehr auf nationale Märkte beschränkt sind. Es wurden auf den ersten Blick Lektionen aus der Pandemie gezogen. Allerdings fußt der Entwurf auf einem eklatanten Konstruktionsfehler, der sich mit ‚Europe first‘ umschreiben lässt. Der federführende Rechts-Ausschuss hat die wichtige Änderung des Ausschusses für Internationalen Handel ignoriert, wonach das jetzt vorgesehene strikte Exportverbot für von der Verordnung betroffene Produkte – Überschüsse können nicht an bedürftige Länder gespendet werden – verändert werden sollte, so wie von der WTO und im TRIPS-Abkommen vorgesehen. Wir werden auf der Plenarebene Änderungsanträge einbringen, die diesen Fehler wiederum beheben können. Wir setzen auf die Vernunft des Plenums.

 Martina Michels, MdEP, Sprecherin von Die Linke im EP und Mitglied der Euronest-Delegation:
‚Gewaltsam nach Russland deportierte ukrainische Kinder‘

Debatte Mittwoch, 13. März, ab 9 Uhr

Zusätzlich zur Debatte im Plenum befasst sich auch der Sozialausschuss der Parlamentarischen Versammlung EuroNest in der darauffolgenden Woche mit deportierten ukrainischen Kindern. „Kindheit ist selbst in Friedenszeiten und insbesondere in Kriegszeiten die verletzlichste Zeit im menschlichen Leben“ und verdient „daher jederzeit besondere Aufmerksamkeit, Fürsorge und Schutz … dies umso mehr in Kriegszeiten“ steht im Bericht, den Martina Michels gemeinsam mit ihrer armenischen Kollegin Maria Karapetyian eingereicht hat. Darin wird die Deportation und Zwangsadoption ukrainischer Kinder im Zuge des russischen Angriffskrieges verurteilt und darauf gesetzt, dass alles getan wird, dieses entsetzliche Unrecht rückgängig zu machen.

– Özlem Alev Demirel, MdEP, sozial- und beschäftigungspolitische Sprecherin von Die Linke im EP:

‚Europäisches Semester‘

Debatte Mittwoch, 13. März, ab ca. 14 Uhr – Abstimmung Mittwoch, 13. März, ab 18 Uhr

Das Europäische Semester besteht vor allen Dingen aus ökonomischen Kriterien, die in erster Linie Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum allem voran stellen – inklusive Sanktionsmechanismen. Das Resultat heißt allzu oft Austeritätspolitik. Wir als Linke dagegen haben immer gefordert und fordern weiter, dass die sozialen Belange der Menschen oberste Priorität sein müssen. Konkret heißt das: Keine öffentlichen Gelder mehr ohne soziale Auflagen, Achtung der Gewerkschaftsrechte, Tarifverträge und keine Unternehmenssitze in Steueroasen. Ebenso muss Schluss sein mit Massenentlassungen, während Aktionäre und Firmenchefs Dividenden und Boni kassieren. Die Mitgliedstaaten müssen aufgefordert werden, Maßnahmen zu ergreifen, um gute Arbeitsbedingungen mit Schwerpunkt auf prekärer Arbeit, psychischer Gesundheit, Telearbeitsregelungen und Geschlechtergleichstellung sowie den Zugang zu inklusiven Arbeitsmärkten zu schaffen.  Natürlich sollen die Mitgliedsstaaten auch dafür sorgen, dass alle Menschen, auch die ohne Erwerbsarbeit, ein Leben in Würde führen oder am Ende ihres Arbeitslebens von der Rente leben können!

 Martina Michels, MdEP, kulturpolitische Sprecherin von Die Linke im EP:
‚Rückgabe des von Russland illegal beschlagnahmten rumänischen Nationalschatzes‘

Abstimmung Mittwoch, 13. März, ab 18 Uhr

In einer Resolution wird erneut auf die Rückgabe des Rumänischen Goldschatzes durch Russland verwiesen, der seit über 100 Jahren dort lagert. Schon 2012 wurde vom Europarat in allgemeiner Form auf die Rückgabe von Kulturgütern aus Russland verwiesen. Nun macht Rumänien erneut Druck, obwohl gerade im vergangenen Jahr die nach 2004 gemeinsam eingesetzte Kommission beider Staaten dazu verstärkt getagt hatte. Angesichts des Angriffskrieges Russlands ist eine politische Instrumentalisierung dieses lange schwelenden Konflikts um die berechtigte Rückgabe jedoch nicht geeignet, eine Beschleunigung anzumahnen. Letztlich muss hier auch in kulturhistorischer Hinsicht sachlich gearbeitet werden ohne die Rückgabe weiter zu behindern.

 Martina Michels, MdEP, regionalpolitische Sprecherin von Die Linke im EP:
‚Kohäsionspolitik 2014–2020‘

Debatte Mittwoch, 13. März, ab ca. 19 Uhr – Abstimmung Donnerstag, 14. März, ab 12 Uhr

Kohäsionspolitik trägt effektiv zu Umverteilung innerhalb der EU bei. Sie hilft Mitgliedstaaten, Regionen und Kommunen bei der Aufgabenstellung der Angleichung der Lebensverhältnisse überall in der EU. In den anhaltenden Dauer- und Vielfachkrisen der vergangenen Jahre wurde klar, dass Kohäsionspolitik und Strukturfonds rasch und flexibel auf Krisen reagieren konnten und ein größeres Auseinanderdriften vermeiden helfen. Auch in Zukunft muss sie daher für alle Regionen erhalten bleiben. Auf Dauer kann Kohäsionspolitik nicht strukturell langfristige wirtschaftliche, soziale und territoriale Entwicklung voranbringen und zugleich immer wieder als Reserve für akute Notfälle angezapft werden. Erst recht nicht, wenn andere Politiken die Entwicklungsunterschiede vorantreiben und immer weniger Mittel für Kohäsion bereitgestellt wird. Reformen, Vereinfachungen, Flexibilisierung und auch Anpassung der Kohäsionspolitik an sich entwickelnde Herausforderungen bspw. industrieller Wandel, EU-Erweiterung sind nötig, wobei die Grundprinzipien der Mehrebenen-Partnerschaft und die sozialen, solidarischen und nachhaltigen Zielstellungen zu erhalten sind. Dieser Bericht über die Umsetzung der Kohäsionspolitik 2014-2020 ist somit zugleich der Auftrag an das nächste Europaparlament.

Dieser Artikel ist zuerst auf DIE LINKE. im Europaparlament erschienen.