Plenarfokus Januar 2021

Özlem Alev Demirel, Cornelia Ernst, Martina Michels, Martin Schirdewan, Helmut Scholz

Vorschau auf die Plenarwoche des Europäischen Parlaments: 18. – 21. Januar 2021, Brüssel

Pressekonferenz
der THE LEFT-Ko-Vorsitzenden:
Martin Schirdewan (DIE LINKE.) & Manon Aubry (La France Insoumise)
Dienstag, 19. Januar 2021, 11:15 Uhr
EP-Pressesaal Anna Politkovskaya
(PHS 0A50)
Livestream

 MdEP Martin Schirdewan, Ko-Vorsitzender der EP-Linksfraktion THE LEFT:
‚Stellungnahmen von Rat und Kommission: Amtseinführung des neuen Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika und die derzeitige politische Situation‘
Debatte am Mittwochvormittag, 20. Januar 2021, ab ca. 9:00 Uhr

„In den Vereinigten Staaten hat sich eine neue faschistische Bewegung gebildet. Schwer bewaffnet, geeint in ihrem Hass gegen die Demokratie hat sie am 6. Januar 2021 den Putsch versucht. Das wurde durch eine stillschweigende Allianz der Konservativen unter Trump gegenüber der extrem Rechten ermöglicht – ob aus Machtkalkül oder gar als zukünftige Machtoption. Ähnliche Entwicklungen sehen wir auch in der EU. Doch wer die Bilder aus dem Kapitol oder im vergangenen Jahr am deutschen Reichstagsgebäude verhindern will, muss einem klaren demokratischen und antifaschistischen Grundkonsens folgen. DIE LINKE und THE LEFT im EP sind und bleiben antifaschistisch stabil.“

 MdEP Martina Michels, Sprecherin der Delegation:
‚Vorstellung des Tätigkeitsprogramms des portugiesischen Ratsvorsitzes‘
Debatte am Mittwochmorgen, 20. Januar 2021, ab 9:00 Uhr

„Portugal übernimmt die Ratspräsidentschaft von der Bundesregierung und setzt genau dort an, wo Merkels Team nicht geliefert hat: bei einem sozialeren Europa. Das ist dringend nötig. Die Corona-Krise hat die Kluft zwischen arm und reich weiter vertieft. Wir erwarten von der portugiesischen Regierung, dass sie den europäischen Mindestlohn endlich auf den Weg bringt. Dazu muss beim neuen Vorschlag der Kommission stark nachgebessert werden. Portugal muss dafür sorgen, dass die Hilfen und Programme gegen die Krise gerecht umgesetzt werden. Genauso muss die EU endlich eine faire Lösung in der Asyl- und Migrationspolitik finden, die die Menschenrechte schützt. Portugal sollte auch sein enges Verhältnis zum Vereinigten Königreich nutzen, um offene Fragen bei den künftigen Beziehungen zu klären und den Schwerpunkt auf hohe Sozial- und Umweltstandards und die Irland-Frage zu legen.


 MdEP Martina Michels, Sprecherin der Delegation:
‚Stellungnahmen von Rat und Kommission: Die globale EU-Strategie zu COVID-19-Impfungen‘
Debatte am Dienstagmorgen, 19. Januar 2021, ab 8:30 Uhr

„Impfstoffe sind einer der wichtigsten Bestandteile in unserem gemeinsamen Kampf gegen die Corona-Pandemie. Gerade deshalb halten wir es für wesentlich, in welchem Umfang und zu welchen Bedingungen die EU-Kommission Impfdosen bei Pharma-Konzernen bestellt hat. Die Hersteller erhielten großzügige Förderungen aus Steuergeldern. Deshalb erwarten wir, dass die bestellten Impfstoffe zu fairen Preisen für alle Menschen verfügbar werden. Pharmariesen dürfen die aktuelle Notsituation nicht für die eigene Profitgier missbrauchen. Dagegen hilft nur volle Transparenz und Einblick in die Verträge. Sollte die Kommission Fehler in den Verhandlungen gemacht haben, die schwere soziale Auswirkungen haben könnten, müssen wir diese aufklären.“


 MdEP Martina Michels, Sprecherin der Delegation:
‚Überwindung der digitalen Kluft zwischen den Geschlechtern: die Teilhabe von Frauen an der digitalen Wirtschaft‘
Debatte am Donnerstagvormittag, 21. Januar 2021, ab ca. 11:00 Uhr

„Laut Eurostat ist nur jede/r dritte MINT-Absolvent/in eine Frau, obwohl 54 Prozent der Hochschulstudent*innen weiblich sind. Im Grundschulalter gibt es keinerlei signifikante Unterschiede, doch dann bekunden weniger als drei Prozent der Teenagerinnen Interesse an einer Arbeit als Fachkraft im Bereich Informations- und Kommunikationstechnik (IKT). So sind nur 17 Prozent der Arbeitsplätze im IKT-Sektor von Frauen besetzt. Im KI-Sektor ist die Kluft besonders groß. Das hat nicht nur Einfluss auf Einkommen, sondern auch darauf, was programmiert wird. Sowohl Routinen der Gesichtserkennung bis zu Arbeitsagentursoftware benachteiligten Frauen oder Menschen mit dunkler Hautfarbe.“


– MdEP Özlem Alev Demirel, friedenspolitische Sprecherin der Delegation:
‚Künstliche Intelligenz: Fragen der Auslegung und Anwendung des Völkerrechts, soweit die EU in den Bereichen der zivilen und militärischen Nutzung und der staatlichen Autorität außerhalb des Geltungsbereichs der Strafjustiz betroffen ist‘
Abstimmung am Dienstagmittag, 19. Januar 2021, ab 13:00 Uhr

„Der Bericht befasst sich mit der Anwendung von internationalem Recht in Bezug auf Künstliche Intelligenz (KI) im zivilen und militärischen Bereich. Im Militärischen betrifft das vor allem autonome Waffensysteme. Aus unserer Sicht besteht hier die Gefahr des Kontrollverlusts und der Bedeutungslosigkeit des geltenden Völkerrechts. Zudem wird gewollt oder ungewollt ein unkontrollierbares Wettrüsten einsetzen. KI wird auch bei der Überwachung, unter anderem von Grenzen, verstärkt eingesetzt, was zu einer harten Abschottung Europas führt und Menschenleben kostet. Aus dem neu eingerichteten Verteidigungsfonds sollen Forschung und Entwicklung von autonomen Waffen gefördert werden. Die Fraktion THE LEFT hat daher eine Studie zur KI im in Auftrag gegeben, die den aktuellen Stand analysiert. Wir fordern ein Verbot aller autonomen Waffensysteme, egal welchen Automatisierungsgrades.“

– MdEP Özlem Alev Demirel, friedenspolitische Sprecherin der Delegation:
‚Umsetzung der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik – Jahresbericht 2020‘
Debatte am Dienstagnachmittag, 19. Januar 2021, ab ca. 16:00 Uhr, Abstimmung am Mittwoch, 20. Januar 2021 (tbc)

„Der ESVP-Jahresbericht 2020 ist keine Überraschung. Er folgt dem gleichen Ansatz wie die vorangegangenen: Obwohl sich die Konflikte immer mehr verschärfen und Deeskalation oberstes Gebot sein sollte, kennt die EU immer nur eine Antwort: mehr Geld für Aufrüstung. Sogar die COVID-19 Pandemie wird als Vorwand für Militarisierung missbraucht. Die Prioritäten im Bericht sind eindeutig: Rüstungsprogramme, wie VerteidigungsfondsStändig Strukturierte (militärische) Zusammenarbeit (engl. PESCO) und Militärische Mobilität sind die Marschrichtung. Einzig positiv ist der Teil zur Abrüstung, aber auch hier ist der Bericht karg. So wird etwa kein Komplettverbot von autonomen Waffen gefordert, sondern lediglich dessen Regulierung, was jedoch keine Kriege verhindern wird. Wir haben deshalb einen Minderheitenbericht eingereicht.“


 MdEP Cornelia Ernst, innenpolitische Sprecherin der Delegation:
‚Stellungnahmen von Rat und Kommission: Die humanitäre Lage für Geflüchtete und Migranten an den Außengrenzen der EU‘
Debatte am Dienstagmorgen, 19. Januar 2021, ab ca. 10:30 Uhr

„Seit Monaten warnen wir Linken im Europaparlament, dass sich die ohnehin schon katastrophale humanitäre Situation von Geflüchteten an den Außengrenzen der EU weiter verschärfen könnte. Unsere schlimmsten Befürchtungen haben sich bestätigt: Auf Lesbos und anderen Inseln lässt die griechische Regierung eine humanitäre Katastrophe geschehen, unter den Augen von EU-Kommission und Rat. Am schlimmsten aber stellt sich die Lage in Bosnien nach dem Brand in Lipa dar. Dort sind Tausende auf einen Schlag obdachlos geworden und seit Wochen ist keine Hilfe in Sicht. Sie müssen nun im Wald im Schnee um ihr Überleben kämpfen. An den EU-Außengrenzen, von Italien bis Ungarn, über den Balkan bis nach Griechenland, besteht ein illegales System von push-backs. Unter Anwendung von brutaler Gewalt und gezielter Erniedrigung werden Geflüchtete systematisch nach Bosnien gebracht, und dort an der Grenze ausgesetzt. Tausende solcher Fälle haben wir in einem Schwarzbuch gesammelt, die dieses System belegen. Wir fordern ein Ende der Straffreiheit für die systematischen und schwerwiegenden Verletzungen der Menschenrechte an den Außengrenzen der EU. Alle diese Fälle müssen aufgeklärt werden, und die Täter*innen und politisch Verantwortlichen müssen dafür zur Rechenschaft gezogen werden.“

– MdEP Helmut Scholz, handelspolitischer Sprecher der Delegation:
‚Ausübung der Rechte der Union in Bezug auf die Anwendung und die Durchsetzung internationaler Handelsregeln‘
Debatte am Montagnachmittag, 18. Januar 2021, ab ca. 21:00 Uhr

„Donald Trumps Handelskriege haben klargemacht, dass die Europäische Union in der Lage sein muss, Alternativen zu schaffen, wenn sich Handelspartner nicht an vereinbarte Regeln halten. Die überarbeitete Verordnung schärft die Instrumente dafür. Ich konnte im Namen meiner Fraktion THE LEFT dabei einbringen, dass auch die Einhaltung von Vereinbarungen zu Arbeitsbedingungen und –Rechten sowie Vereinbarungen zum Schutz von Klima und Umwelt von der Kommission ins Visier genommen, und wenn nötig durchgesetzt werden.“


– MdEP Helmut Scholz, handelspolitischer Sprecher der Delegation:
Konnektivität und die Beziehungen zwischen der EU und Asien
Debatte Am Dienstagabend, 19. Januar 2021, ab ca. 18:00 Uhr

„Dieser Bericht vermeidet, die Initiative Neue Seidenstraße als eine Realität anzuerkennen. Der Europäischen Union wird der Aufbau einer selbstgebauten Konnektivität mit Asien empfohlen, um sich der ‚dominanten Außenpolitik‘ Chinas entgegenzustemmen. Wäre es nicht absurd, am Ende zwei parallel verlaufende Bahnstrecken gebaut zu haben? Zumal es offenbleibt, wer und wie aus der EU entsprechende Mittel investieren will und kann. Vielmehr sehe ich mit dem Begriff Konnektivität die reale Aufgabe und perspektivische Chance, uns tatsächlich mit asiatischen Partnern zu verbinden, um die Kommunikations-, Waren- und Dienstleistungswege der Zukunft aufzubauen – und zwar diesmal nicht als Einbahnstraße ins europäische Zentrum.“

Dieser Artikel ist zuerst auf DIE LINKE. im Europaparlament erschienen.