Plenarfokus Februar – 2023

Vorschau auf die Plenarwoche des Europäischen Parlaments vom 13. – 16. Februar 2023 in Straßburg

DIE LINKE. Delegation im Europaparlament Özlem Alev Demirel, Cornelia Ernst, Martina Michels, Martin Schirdewan, Helmut Scholz

Pressekonferenz
der Ko-Vorsitzenden der Fraktion THE LEFT:

Martin Schirdewan (DIE LINKE) & Manon Aubry (La France Insoumise)

Dienstag, 14. Februar 2023, 11:20 Uhr
EP-Pressesaal ‚Daphne Caruana Galizia’

(LOW N-1/201)
Livestream / Livestream

– Özlem Alev Demirel, MdEP, stv. Vorsitzende der EP-Türkei-Delegation:

‚Reaktion der EU auf die humanitäre Lage nach dem Erdbeben in der Türkei und in Syrien‘

Debatte Montag, 13. Februar, ab ca. 17.15 Uhr

Die Menschen in über 10 Städten der Türkei und Nordsyriens wurden mitten im Schlaf Opfer einer Katastrophe epischen Ausmaßes. Tausende Menschen sind gestorben, bis zu 20 000 Tote werden erwartet. Überall werden aus Solidarität mit den Betroffenen Spenden gesammelt, sei es Geld oder Material wie Zelte und Kleidung, die jetzt in den Erdbeben Regionen lebensrettend sind. Doch die Hilfen kommen immer noch nicht rechtzeitig an. Eine derartige Katastrophe wäre für jede Regierung eine Herausforderung. Doch die Menschen sind empört, dass das Erdoğan-Regime nicht einsieht, dass seine eigenen Strukturen bei weitem nicht ausreichen und es trotzdem aus politischem Kalkül an seinen bürokratischen Hürden festhält. Die Menschen sind auch empört, dass die nachdem Istanbuler Erdbeben eingeführte Erdbeben-Steuer zum größten Teil zweckentfremdet wurde und dies sich jetzt schwer rächt, weil die notwendigen Maßnahmen nicht rechtzeitig getroffen wurden. Dabei hatten Erdbebenexperten des Landes immer wieder auf unabdingbare Maßnahmen zur Vorbeugung gedrängt und die Bau-Amnestien der Regierung scharf kritisiert. Gestern hat Erdoğan, statt selbstkritisch zu reagieren, den Menschen, die in den sozialen Medien ihren Unmut zur Sprache gebracht haben, gedroht und erklärt, dass die Staatsanwälte diese später anklagen werden! Doch derartige Auftritte interessieren die Menschen jetzt nicht und sie lassen sich nicht zurückschrecken, ihren Unmut zum Ausdruck zu bringen. Jetzt ist die Zeit der Mobilisierung von Hilfen jeglicher Art. Die EU muss sicherstellen, dass die Hilfen in Syrien und in der Türkei schnell und unbürokratisch bei den Betroffenen ankommen. Jetzt geht es darum, Menschenleben zu retten und alles zu unternehmen, damit die Menschen vor Ort wieder ein Dach über dem Kopf haben.

 Martina Michels, MdEP, Sprecherin von DIE LINKE im EP:
‚REPowerEU-Kapitel in den Aufbau- und Resilienzplänen‘

Debatte Montag, 13. Februar, ab ca. 18 Uhr 

Angesichts der tiefen sozialen und wirtschaftlichen Krise, die sehr viel, aber längst nicht nur mit dem Krieg Russlands gegen die Ukraine zu tun hat, begrüßen wir die Einigung auf das REPowerEU-Paket. Die Kernziele Diversifizierung unserer Energieversorgung, Bekämpfung von Energiearmut, Investitionen in saubere Energien und Energiesparmaßnahmen sind der richtige Weg. Das Paket zur Finanzierung dieser politischen Ziele ist letztlich ein annehmbarer Kompromiss, der auch mit den Zielen der Kohäsionspolitik im Einklang steht. Es erlaubt rasche Maßnahmen, um die Energieversorgung sicherzustellen, und soll gleichzeitig die erforderlichen Investitionen in die richtige, sozial-ökologische Energiewende lenken. Die Mitgliedstaaten sind nun in der Verantwortung, einseitige Abhängigkeiten, aber auch die Abhängigkeiten von fossilen Energieträgern insgesamt zu beenden und nicht einfach durch neue zu ersetzen. Ausnahmeregelungen für besonders von Öl- und Gas abhängige Länder sind Teil des Kompromisses. Sie sollten aber nicht als dauerhafte Schlupflöcher missbraucht werden. Das würde letztlich uns allen schaden.

 Martin Schirdewan, MdEP, Ko-Vorsitzender der Linksfraktion THE LEFT:

‚Ein Green-Deal-Industrieplan für das Netto-Null-Zeitalter‘

Schwerpunkt-Debatte Mittwoch, 18. Februar, ab ca. 10.30 Uhr

Angesichts der Steuererleichterungen in den USA dürfen wir uns nicht von Unternehmen die Pistole auf die Brust setzen lassen. Die EU darf nicht Hals über Kopf der Großindustrie und deren Aktionär:innen ohne strenge Auflagen Gelder in den Rachen werfen. Wir brauchen eine gezielte und aktive Industriepolitik für die 99 Prozent. Investitionen und Fördergelder für eine kohlenstofffreie Industrie müssen an soziale Bedingungen für gute Arbeit geknüpft werden. Während einer Förderung muss die Ausschüttung von Dividenden gestoppt werden.

– Helmut Scholz, MdEP, handelspolitischer Sprecher von DIE LINKE im EP:

‚Ein Green-Deal-Industrieplan für das Netto-Null-Zeitalter‘

Schwerpunkt-Debatte Mittwoch, 18. Februar, ab ca. 10.30 Uhr

Die wirtschaftlichen Ausfälle während der Pandemie und die Steigerung der Lebenshaltungskosten durch ein Jahr der Inflation haben die Kraftreserven vieler Bürger:innen ersetzt. Nicht nur in den USA, auch in Deutschland und anderen EU-Mitgliedstaaten haben rechte Populisten bereits mit Erfolg damit begonnen, diesen Unmut aufzusammeln. 2024 wird in Europa und in den USA zur Wahl aufgerufen. Mit ihren gewaltigen Investitionen in Infrastruktur und die Produktion von zukunftsfähigen Technologien in den USA sendet die Biden-Regierung ihren Bürger:innen nun ein Signal der Hoffnung und des Aufbruchs. Welches Signal sendet Brüssel? Diesen Mut brauchen wir dringend auch in Europa: Steuergelder in eine volkswirtschaftliche Erneuerung zugunsten von Arbeitsplätzen und beschleunigtem Tempo hin zum CO2-freien Kontinent. Wir brauchen europäische Investitionen in die Ansiedlung von zukunftsfähiger Produktion. Wie sollten ärmere Mitgliedstaaten sonst in der Konkurrenz zu den von Berlin oder Paris gebotenen Subventionen für die führenden Technologiekonzerne bestehen? Wir brauchen europäische Investitionen in die Entwicklung und Produktion der Technologien, die wir und unsere Partner:innen in aller Welt im Kampf gegen die Klimakatastrophe benötigen. Wir brauchen eine Re-Industrialisierung, mit der die europäische Ebene Hoffnung stiftet, indem sie durch Investitionen würdige Arbeitsplätze entstehen lässt, durch die sie die real gewachsene Armut und erneute Spaltung des Kontinents überwinden können.

 Cornelia Ernst, MdEP, energiepolitische Sprecherin von DIE LINKE im EP:

‚Zugang zu strategischen, kritischen Rohstoffen‘

Debatte Mittwoch, 18. Februar, ab ca. 15 Uhr

Soll die Energiewende gelingen, so wird der Rohstoffbedarf in den kommenden Jahren steigen: Rohstoffe wie Lithium, Kobalt, Nickel und weitere spielen für die Produktion von Batterien, Photovoltaik-Anlagen, Windrädern und anderen Technologien eine wichtige Rolle. Eine europäische Industriestrategie muss sich vor diesem Hintergrund mit drei Fragen befassen. Wie lassen sich strategische Dependenzen abbauen und europäische Rohstoffbedarfe sichern, damit die Energiewende gelingt? Wie lassen sich gleichzeitig die teils gravierenden Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden im Bergbausektor minimieren? Inwiefern kann der hiesige Rohstoffbedarf reduziert werden? Als LINKE stehen wir für ökologisch sowie sozial gerechte Handelsbedingungen entlang der Lieferketten und verurteilen Menschenrechtsverletzungen: Europa muss hier seiner Verantwortung gerecht werden. Außerdem wollen wir kreislaufwirtschaftliche Strukturen fördern und den Ressourcenbedarf reduzieren – auch, um geopolitische Abhängigkeiten in der Rohstoffpolitik nachhaltig abzubauen.

– Helmut Scholz, MdEP, handelspolitischer Sprecher von DIE LINKE im EP:

‚Zugang zu strategischen, kritischen Rohstoffen‘

Debatte Mittwoch, 18. Februar, ab ca. 15 Uhr

Die EU-Kommission wird voraussichtlich am 8. März einen weiteren „European Act“ vorlegen, ein Europäisches Gesetz zum Zugang zu kritischen Rohstoffen. Die schwedische Ratspräsidentschaft spricht sich als Führung eines der rohstoffreichsten EU-Mitgliedstaaten dafür aus, dass der Aufbau von Vorräten im Zentrum der Strategie stehen sollte. Langfristige Verträge würden winken. Wir sehen das skeptisch, wie auch eine Reihe von Mitgliedstaaten, die sich nicht zum Anhäufen von Rohstoffreserven verpflichten lassen wollen. Wir befürworten die Schaffung von Arbeitsplätzen in Europa durch Investitionen in umweltverträglichen, nachhaltigen Bergbau und moderne Schmelzen. Diese Technologien müssen wir auch unseren Partnerländern anbieten, in deren Erde bestimmte Rohstoffe gefunden werden können. Die Elektrifizierung unserer Mobilität darf nicht auf Kosten der Umwelt in anderen Regionen der Welt erfolgen, in denen das Lithium der Erde entrissen wird. Wir rufen Kommissar Breton zu: Produktion und Arbeitsplätze in Europa schaffen, ist gut. Aber dieses Interesse ist auch in Argentinien berechtigt. Kooperieren Sie stärker mit anderen. Ermöglichen Sie auch in den Ländern, in denen Rohstoffe vorkommen, den nachhaltigen Bergbau und den Aufbau von modern Anlagen zur Verarbeitung. Stärken Sie Kreislaufwirtschaft und denken Sie dabei auch global. Forschen Sie gemeinsam mit anderen an Möglichkeiten, die so genannten kritischen Rohstoffe durch andere Materialien zu ersetzen.

– Özlem Alev Demirel, MdEP, sozialpolitische Sprecherin von DIE LINKE im EP:

‚Angemessenes Mindesteinkommen zur Gewährleistung einer aktiven Inklusion‘

Debatte Mittwoch, 18. Februar, ab ca. 16 Uhr – Abstimmung Donnerstag, 19. Februar, ab 12 Uhr

Die EU muss einen fairen Rahmen schaffen, in dem die Mitgliedstaaten auch im Bereich ihrer Mindestsicherungssysteme die Würde eines jeden Menschen, frei von existenzieller Armut leben zu können, sichern. Ziel einer solchen Debatte muss eine verbindliche Richtlinie über die Mindestsicherungssysteme in der EU sein, denn ohne diese Verbindlichkeit bliebe es am Ende lediglich Symbolpolitik. Ebenso klar muss sein, dass eine Mindestsicherung, das Mindeste ist, was Menschen ein Leben in Würde gewährleistet. Abzüge, Sanktionen oder der Zwang, aus der Not heraus noch so prekäre Arbeitsverhältnisse anzunehmen, müssen in der EU- Richtlinie unterbunden werden. Alle Menschen, die es benötigen, müssen einen niederschwelligen Zugang zu einem Mindesteinkommen haben, dabei müssen die entsprechenden Stellen aktive Unterstützung bieten. Denn die bestgemeinte Unterstützung bringt nichts, wenn sie die Menschen, die sie brauchen, nicht erreicht!

Dieser Artikel ist zuerst auf DIE LINKE. im Europaparlament erschienen.