Probleme erkannt – doch keine Lösungen benannt!

Martina Michels

Martina Michels, Sprecherin von DIE LINKE. im Europaparlament und Mitglied im Kulturausschuss (CULT), kommentiert die heute von der EU-Kommission vorgestellten Strategien für die digitale Zukunft der EU: 

„Die Kommission hat ambitionierte Ziele für die digitale Zukunft der EU, vom europäischen Supercomputer bis zur digitalen Bildung. Aber der Rat will das wohl nicht bezahlen, wie die vorgeschlagenen Kürzungen des Programms ‚Digitales Europa 2021 – 2027‘ von 9,2 Milliarden Euro auf 6,8 Milliarden Euro zeigen. Damit sind alle Projekte für eine eigenständige europäische Infrastruktur nicht mehr zu bezahlen.“

„Die EU-Regulierung zur Künstlichen Intelligenz (KI) hat eine interessante Konstellation zu managen: Sowohl die Industrie als auch Datenschützer*innen, Gewerkschaften und Verbraucher*innen wollen eine Regulierung der neuen Technologien. Das ist ein Novum. Deshalb sollte der alleinige Fokus auf den Binnenmarkt bei der Digitalisierung endlich einem Ansatz weichen, der das Ziel der wirtschaftlichen und sozialen Nachhaltigkeit ernst nimmt.“

„Derzeit laufen die Gesetzgebungsvorschläge den Entwicklungen hinterher. Eine Konzentration auf ‚risikobasierte‘ Anwendungen ist zu wenig. Wenn Unternehmen und Institutionen am Ende selbst definieren können, was ‚risikoreich‘ ist, werden viele Entwicklungen von den geplanten Regulierungen nicht erfasst. Selbst bestens ausgestattete Behörden können das nicht leisten und ständig neue Entwicklungen auf dem Markt bewerten. Freiwillige Kennzeichnungssysteme, die die unternehmerische Freiheit sichern sollen, sind keine Garantie, die Sicherheits- und Haftungsfragen zu klären, die mit der Strategie für Künstliche Intelligenz reguliert werden sollen. Wir fordern eine Orientierung auf eine umfassende öffentliche Kontrolle und auf eine bessere Mittelausstattung der KI-Strategie, sonst bleibt der heutige Vorschlag bei allem Problembewusstsein ein Torso und wird womöglich am Ende Teil des Problems.“

„Es geht bei der Regulierung der KI einmal mehr darum, wie Daten verwendet werden. Insbesondere die Daten, die durch öffentliche Gelder entstanden sind und trotzdem nicht allen zur Verfügung stehen. Wie regulieren wir deren Verwendung, die gemeinsame Nutzung und die Speicherung? Viele Antworten sind noch nicht in Sicht. Deshalb ist die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), einschließlich der noch offenen ePrivacy-Verordnung, eine gute Basis, auch für die Entwicklung einer auf Grundrechten basierten KI.“

„Obwohl die Kommission in der Grundorientierung der heutigen Mitteilung einen Schwerpunkt auf die offene, demokratische und nachhaltige Gesellschaft legt, braucht man eine Lupe, um konkrete Vorschläge für Bildung und Medien zu finden. Eine dürftige Ankündigung für zwei Aktionspläne für Medien und Demokratie für Ende des Jahres 2020 zeigt eher eine bedauernswerte Leerstelle, obwohl mit der audio-visuellen Mediendienste-Richtlinie alle Probleme längst ausbuchstabiert waren.“

Hintergrunddokumente: 

1. EU-Kommissionsvorschlag mit Vorgeschichte und Übersicht, 19.2.2020

2. Die Mitteilung der Kommission, 19.2.2020

3. Das Weißbuch der KI, 19.2.2020

4. Positionspapier des CEP zur KI-Strategie der KOM, 11.2.2020

Dieser Artikel ist zuerst auf DIE LINKE. im Europaparlament erschienen.